- Steuerermäßigung bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen
- FinVerw nimmt Stellung zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen („Bitcoin“ usw.)
- Grenzgänger Schweiz – Home-Office-Tage
- Einnahmenüberschussrechnung: Zeitliche Zuordnung von regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben
- Keine erweiterte Grundstückskürzung im Fall einer Betriebsverpachtung
Steuerermäßigung bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen
Der BFH hat eine wichtige Entscheidung zur Gewährung der Einkommensteuerermäßigung bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen getroffen und dabei den Anwendungsbereich der Steuerermäßigung deutlich ausgeweitet, wovon auch viele andere Stpfl. profitieren werden. Danach ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer (ESt) für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen oder Dienstleistungen auf Antrag um 20 %, höchstens jedoch um 4 000 €, der Aufwendungen des Stpfl. Ausdrücklich ist geregelt, dass die Steuerermäßigung auch in Anspruch genommen werden kann für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Stpfl. wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind.
Im Streitfall machte die Stpfl. Aufwendungen für die ambulante Pflege zu Gunsten der nicht im Haushalt der Stpfl., sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Mutter bei ihrer ESt geltend. Die 1933 geborene Mutter der Stpfl. wohnte in einem eigenen Haushalt in C, knapp 100 km vom Wohnort der Stpfl. entfernt. Sie bezog im Streitjahr eine Rente sowie ergänzende Leistungen der Sozialhilfe.
Am 26.1.2015 schloss die Stpfl. mit der Sozialstation in C eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen ab. Im Anhang zu diesem Vertrag waren die Leistungen wie folgt aufgeschlüsselt: Einkaufen; Betreuung, Begleitung, Pflege und Hauswirtschaft. Im Eingang des Vertrags war die Mutter der Stpfl. als Leistungsnehmerin aufgeführt. Der Vertrag sowie der Anhang hierzu waren im Textfeld „Leistungsnehmer/in“ von der Stpfl. unterschrieben. Die von der Sozialstation gestellten Rechnungen wiesen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus. Übersandt wurden die Rechnungen an die Stpfl., die sie auch durch Banküberweisung beglich. Der Gesamtbetrag für die Inanspruchnahme der von der Sozialstation gegenüber der Mutter der Stpfl. erbrachten Leistungen betrug im Streitjahr 1 071 €.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Stpfl. diesen Betrag geltend und begehrten die Steuerermäßigung. Dies lehnte das Finanzamt ab. Der BFH entschied nun mit Urteil v. 12.4.2022 (Az. VI R 2/20) im Grundsatz zu Gunsten der Stpfl., konnte aber den Streitfall noch nicht abschließend entscheiden, da die Vorinstanz (das Finanzgericht) zu bestimmten Fragen keine Feststellungen getroffen hatte.
Der BFH stellt insoweit folgende Grundsätze heraus:
- Begünstigt sind nur eigene Aufwendungen des Stpfl., die dessen persönliche Leistungsfähigkeit mindern. Denn es entspricht allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, dass ein Stpfl. Aufwendungen eines Dritten grundsätzlich nicht abziehen kann. Deshalb setzt die Steuerermäßigung voraus, dass der Stpfl. selbst verpflichtet ist, die Aufwendungen für die Inanspruchnahme der begünstigten Leistungen zu tragen. Aufwendungen Dritter sind auch im Rahmen der Steuerermäßigung steuerlich nicht zu berücksichtigen.
- Die im Gesetz genannten Pflege- und Betreuungsleistungen sind personen- wie haushaltsbezogene Dienstleistungen, die zu den im Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufgeführten Pflege- und Betreuungsleistungen zählen. Hierzu gehören insbes. neben sogenannten Grundpflegemaßnahmen und damit Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) auch Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung, wie Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung. Voraussetzungen oder Einschränkungen hinsichtlich eines Grads der Pflegebedürftigkeit enthält das Gesetz nicht.
- Anders als die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen im eigenen Haushalt, ist die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen auch dann zu gewähren, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Stpfl., sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden. Dahingehende Aufwendungen können daher auch von Stpfl. (z.B. Angehörigen) geltend gemacht werden, die diese Aufwendungen getragen haben.
- Die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen ist auch nicht auf die Kosten für Dienstleistungen beschränkt, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Die im Gesetz genannte dahingehende Beschränkung bezieht sich lediglich auf Aufwendungen, die dem Stpfl. wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege (in einem Heim) erwachsen.
- Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Stpfl. wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, setzt weder den Erhalt einer Rechnung noch die Einbindung eines Kreditinstituts in den Zahlungsvorgang voraus. Derartige Einschränkungen gelten nur für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen und für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen.
Handlungsempfehlung:
Im Streitfall muss nun aber noch geklärt werden, ob vorliegend Aufwand der Mutter vorlag (dann kann die Steuerermäßigung bei der Tochter nicht gewährt werden) oder aber Aufwand der Tochter. Zwingend muss also der Stpfl., der die Kosten trägt und dann auch steuerlich geltend machen will, Leistungsempfänger sein. Dies sollte in der Praxis aus dem Vertrag mit dem Pflegedienstleister eindeutig hervorgehen.
FinVerw nimmt Stellung zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen („Bitcoin“ usw.)
Mit Schreiben vom 10.5.2022 (Az. IV C 1 – S 2256/19/10003 :001) hat die FinVerw nun erstmals eine bundesweit einheitliche Verwaltungsanweisung zur steuerlichen Behandlung von Token im Allgemeinen und virtuellen Währungen wie z.B. Bitcoin im Speziellen veröffentlicht. Dies ist für die Praxis von besonderer Bedeutung.
Das umfangreiche Schreiben behandelt verschiedene Krypto-Sachverhalte, die technisch erläutert und ertragsteuerrechtlich eingeordnet werden. Neben dem An- und Verkauf etwa von Bitcoin oder Ether betrifft dies insbes. die Blockerstellung (bei Bitcoin Mining genannt). Daneben beschäftigt sich das Schreiben mit Staking, Lending, Hard Forks, Airdrops, den ertragsteuerrechtlichen Besonderheiten von Utility und Security Token sowie Token als Arbeitnehmereinkünfte. Den Ausführungen zur ertragsteuerlichen Beurteilung verschiedenster Tätigkeiten im Zusammenhang mit virtuellen Währungen und mit sonstigen Token sind ausführliche technische Erläuterungen vorangestellt.
Inhaltlich herauszustellen ist, dass der An- und Verkauf von virtuellen Währungen im Regelfall nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern steuerlich als sonstige Einkünfte erfasst wird, so dass dies steuerlich nur dann relevant ist, wenn zwischen An- und Verkauf die Einjahresfrist für die steuerliche Erfassung von privaten Veräußerungsgeschäften noch nicht abgelaufen ist.
Anders kann die aktive Tätigkeit (Fälle des sog. Minings, Stakings, der aktiven und passiven Airdrops, Forks etc.) zu beurteilen sein. Insoweit wird der Stpfl. ggf. im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit aktiv, so dass Wertsteigerungen stets steuerlich zu erfassen sind. Dies ist allerdings nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Mining und Forging können je nach den Umständen des Einzelfalls eine private oder eine gewerbliche Tätigkeit sein. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt insbesondere nur dann vor, wenn Gewinnerzielungsabsicht und Wiederholungsabsicht bestehen. Die Blockerstellung ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Sie muss auf Dauer dazu geeignet sein, aus dieser Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen.
Hinweis:
Sind die Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token Betriebsvermögen, sind die Veräußerungserlöse Betriebseinnahmen.
Beim Lending werden Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstige Token gegen eine Vergütung zur Nutzung überlassen. Werden dem Privatvermögen zuzuordnende virtuelle Währungen überlassen, so sind die erzielten Erlöse als sonstige Einkünfte bei der Einkommensteuer zu erfassen. Sofern die virtuellen Währungen dem Betriebsvermögen zugeordnet sind, fallen beim Lending Betriebseinnahmen an.
Daneben spielen in der Praxis Airdrops eine wichtige Rolle:
- Bei einem Airdrop werden Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstige Token „unentgeltlich“ verteilt. In der Regel handelt es sich dabei um Marketing-Aktionen, deren Ausgestaltung unterschiedlich sein kann. Mit einem Airdrop kann z.B. die Auflage verbunden sein, dass die Teilnehmenden mehrere Online-Formulare ausfüllen müssen.
- Steuerlich kann dies relevant sein: Hängt die Zuteilung der Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token davon ab, dass Stpfl. Daten von sich zur Verfügung stellen, die über die Informationen hinausgehen, die für die schlichte technische Zuteilung oder Bereitstellung erforderlich sind, liegt in der (personenbezogenen) Datenüberlassung eine als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer unterliegende Leistung der Stpfl., für die sie als Gegenleistung Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstige Token erhalten.
- Ist der Airdrop darauf ausgerichtet, dass neben einer Leistung auch „der Zufall“ über den Erhalt von Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token entscheidet, wird der Zurechnungszusammenhang von Leistung und Gegenleistung durch das „Zufallselement“ unterbrochen oder überlagert.
Hinweis:
Die passive Spekulation mit Krypto Assets ist für Privatinvestoren somit nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei, solange sie die Schwelle zum „gewerblichen Händler“ nicht überschreitet. Eine präzise Bestimmung dieser Schwelle fehlt allerdings weiterhin.
Grenzgänger Schweiz – Home-Office-Tage
Arbeitnehmer, die in Deutschland wohnen und in der Schweiz arbeiten – sog. Grenzgänger – haben ihre Steuern im Wohnsitzstaat (Deutschland) zu entrichten. Dem Grenzgänger wird durch den Arbeitgeber eine begrenzte Quellensteuer von 4,5 % vom Bruttolohn abgezogen. Der Steuerabzug darf allerdings nur dann auf 4,5 % begrenzt werden, wenn der Grenzgänger dem Arbeitgeber eine vom deutschen Wohnsitzfinanzamt ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung bzw. deren Verlängerung vorlegt. Diese Steuer wird in Deutschland nach Vorlage des Lohnausweises, der den Betrag der abgezogenen Quellensteuer angibt, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer angerechnet.
Insoweit ist allerdings die „60-Tage-Regelung“ zu beachten: Wenn ein Arbeitnehmer während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren kann (Nichtrückkehrtage), wird die volle Quellensteuer einbehalten. Diese Einkünfte sind in Deutschland von der Steuer befreit, unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt.
Vor dem Hintergrund, dass Arbeitnehmende ihre Tätigkeit zunehmend auch an ihrem Wohnsitz ausüben möchten, haben die zuständigen Behörden Deutschlands und der Schweiz zur einheitlichen Anwendung und Auslegung dieser Grenzgängerregelung vereinbart, dass solche Home-Office-Tage nicht als Arbeitstage gelten, an welchen die Person nach Arbeitsende auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an den Wohnsitz zurückkehrt. Diese Arbeitstage gelten somit nicht als „Nichtrückkehrtage“ i.S.d. 60-Tage-Regelung.
Handlungsempfehlung:
Diese Tage sollten entsprechend aufgezeichnet werden.
Einnahmenüberschussrechnung: Zeitliche Zuordnung von regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben
Wird der steuerliche Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, wie insbesondere bei kleineren Gewerbetreibenden oder Freiberuflern, so erfolgt die Erfassung von Einnahmen und Ausgaben grds. bei Zufluss bzw. bei Abfluss. Zur Vermeidung von Zufallsergebnissen gibt es insoweit aber eine Sonderregelung: Regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres (Kj.), zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, werden nicht im Jahr des Zuflusses, sondern in dem Jahr erfasst, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Als „kurze Zeit“ ist ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen anzusehen. Entsprechendes gilt für Ausgaben. Wird also bspw. die Miete für die Geschäftsräume für den Monat Januar 2023, die bis zum dritten Werktag im Januar 2023 zu zahlen ist, bereits am 30.12.2022 überwiesen, so wird diese Ausgabe nach der Sonderregelung steuerlich dem Jahr 2023 zugeordnet.
Die FinVerw und auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum geht davon aus, dass diese Sonderregelung einschränkend nur für solche Einnahmen bzw. Ausgaben gilt, die kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind. Dieses Merkmal der Fälligkeit ist im Gesetz allerdings nicht genannt, daher war dies umstritten. Nun hat der BFH diese Frage geklärt. Im Urteilsfall leistete ein Gewerbetreibender, der den Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung ermittelte, die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Voranmeldungszeiträume Mai bis Juli 2017 erst am 9.1.2018, machte sie aber als Betriebsausgaben für das Streitjahr 2017 geltend.
Der BFH widersprach dieser Vorgehensweise nun mit Entscheidung vom 16.2.2022 (Az. X R 2/21). Das Gericht stellt klar, dass die Sonderregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG zum zeitlichen Ansatz regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben voraussetzt, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kj. der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind. Zwar handelt es sich bei Umsatzsteuervorauszahlungen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf deren gesetzlich festgelegte Wiederholung um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Allerdings ist zu fordern, dass die in Rede stehende Ausgabe innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums vor Beginn bzw. nach Beendigung des Kj. der wirtschaftlichen Zugehörigkeit auch fällig geworden ist. Begründet hat der BFH dies damit, dass die in ihrem Anwendungsbereich eng zu begrenzende Vorschrift Zufallsergebnisse vermeiden wolle, die allerdings einträten, wenn jede zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt des Kj. fällige Ausgabe (bzw. Einnahme) auch dann noch diesem Kj. zugerechnet werde, wenn sie erst kurz nach Beginn des folgenden Kalenderjahres erbracht werde. Ein Verzicht auf die Fälligkeit würde auf eine Übertragung der für die Bilanzaufstellung geltenden Grundsätze auf die Einnahmenüberschussrechnung hinauslaufen und damit dessen Sinn und Zweck erheblich überschreiten.
Handlungsempfehlung:
Die zeitlich richtige Zuordnung von Einnahmen bzw. Ausgaben kann verfahrensrechtlich insoweit von Bedeutung sein, wenn sich herausstellt, dass Ausgaben im „falschen“ Jahr geltend gemacht werden und ein Ansatz im anderen „richtigen“ Jahr nur dann möglich ist, wenn dieses verfahrensrechtlich noch änderbar ist. Insoweit sollte die Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben um den Jahreswechsel herum sehr sorgfältig vorgenommen werden.
Keine erweiterte Grundstückskürzung im Fall einer Betriebsverpachtung
Auf Antrag kann bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, bei der Ermittlung der Gewerbesteuer die sog. erweiterte Kürzung gewährt werden, also die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Damit kann im Ergebnis erreicht werden, dass im günstigsten Fall keine Gewerbesteuer anfällt. Allerdings sind an die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung sehr strenge Bedingungen geknüpft: Unter den Begriff Verwaltung und Nutzung von Grundvermögen fällt außer der Verwendung für den eigenen Bedarf im Allgemeinen die Vermietung und Verpachtung. Eine gewerbliche Betätigung, die nicht zu den im Gesetz abschließend aufgezählten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt die erweiterte Kürzung aus.
Insoweit hat das FG Düsseldorf nun mit Urteil v. 22.6.2022 (Az. 2 K 2599/18 G) entschieden, dass
- im Fall einer Betriebsverpachtung die erweiterte Kürzung nicht zu gewähren ist und
- die alleinige Vermietung eines Betriebsgrundstücks eine Betriebsverpachtung sein kann, wenn das Betriebsgrundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage der bisherigen gewerblichen Tätigkeit darstellt.
Das Urteil betrifft einen sehr praxisrelevanten Fall. Im Urteilsfall begehrte eine GmbH & Co. KG die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer. Der Sachverhalt stellte sich folgendermaßen dar:
- Bis Ende 1987 betrieb die Stpfl. ein Autohaus in eigenen Räumlichkeiten. Das Gebäude hatte sie auf einem Grundstück, das im Eigentum ihrer Gesellschafter (den Eheleuten A und B) stand, selbst errichtet. Ein Teil des Gebäudes nutzte die Stpfl. für ihr Autohaus, einen Teil der Immobilie vermietete sie an Dritte.
- Im November 1987 schlossen die Stpfl. und die Eheleute A und B einen Vertrag mit dem Unternehmen D. Sie vereinbarten, dass D sämtliche Warenbestände, das bewegliche Anlagevermögen und Betriebsvorrichtungen des Autohauses mit Wirkung zum 1.1.1988 erwarb. Der Teil der Immobilie, der bisher für das Autohaus genutzt worden war, wurde ab dem 1.1.1988 an D vermietet. Seit dem Jahr 1988 betreibt D in den angemieteten Räumen ein Autohaus.
Das Finanzamt und dem nun folgend auch das FG Düsseldorf lehnten die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung ab. Vorliegend habe die GmbH & Co. KG eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, indem sie D einen Betrieb verpachtet hat. Eine Nutzung von Grundbesitz im Rahmen einer Betriebsverpachtung stelle grundsätzlich keine begünstigte Vermögensverwaltung dar und schließe damit die erweiterte Grundstückskürzung aus.
Entscheidend war der Umstand, dass vorliegend in der Verpachtung der Immobilie eine Betriebsverpachtung zu sehen war. Eine Betriebsverpachtung liegt vor, wenn ein Gewerbetreibender entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Stpfl. gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklärt. Gegenüber der Finanzbehörde wurde unstrittig eine Aufgabeerklärung nicht abgegeben. Im Übrigen stand der Stpfl. vorliegend das sog. Verpächterwahlrecht auch gar nicht zu. Grundsätzlich kann bei einer Betriebsverpachtung der Stpfl. entscheiden, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe behandeln und damit unter Aufdeckung der stillen Reserven die verbliebenen Wirtschaftsgüter in sein Privatvermögen überführen oder ob und wie lange er das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen will. Da vorliegend eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG betroffen war und diese auch bei einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit stets steuerliches Betriebsvermögen hat, steht dieser das Verpächterwahlrecht gar nicht zu.
Zudem lag eine Betriebsverpachtung vor, da der für das Autohaus genutzte Teil des bebauten Grundstücks die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des Autohauses war. Eine Betriebsverpachtung liegt auch dann vor, wenn nur ein Betriebsgrundstück, ggf. i.V.m. Betriebsvorrichtungen, verpachtet wird, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Dies ist bei einem Einzelhandelsbetrieb regelmäßig der Fall, wenn dem Betriebsgrundstück durch seine Lage, den hierdurch bedingten örtlichen Wirkungskreis und den dadurch wiederum bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zukommt. Bei Einzelhandelsunternehmen bilden die gewerblich genutzten Räume – anders als bei einem produzierenden Gewerbe – den wesentlichen Betriebsgegenstand, welcher dem Unternehmen das Gepräge gibt und dem Verpächter die Möglichkeit eröffnet, den vorübergehend in eigener Regie eingestellten Betrieb nach Beendigung des Pachtverhältnisses wieder aufzunehmen und fortzuführen.
Demgegenüber gehören bei Einzelhandelsbetrieben das jederzeit wieder zu beschaffende Inventar und andere Gegenstände des Anlagevermögens sowie Warenbestände nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Diese Grundsätze sind auch auf den Betrieb eines Autohauses anzuwenden.
Weiterhin hat das FG in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Konzession ebenfalls nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Autohauses gehöre. Eine Betriebsverpachtung setze nicht voraus, dass der Stpfl. den identischen Betrieb fortführen könne. Ausreichend sei z.B. die Eröffnung eines Autohauses einer anderen Marke oder eines freien Autohauses. Der Verlust des bisherigen Kundenstamms, der Lieferantenbeziehungen und des Geschäftswerts sei insofern ohne Belang.
Handlungsempfehlung:
Dieser Fall verdeutlicht, dass solche grundlegenden Strukturentscheidungen eines Unternehmens stets einer steuerlichen Beratung bedürfen.