Steuerblick Oktober 2023


Wachstumschancengesetz: Verbesserung der Abschreibungsbedingungen vorgesehen

Am 30.8.2023 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes beschlossen. Damit beginnt das Gesetzgebungsverfahren, welches voraussichtlich allerdings erst im November oder Dezember dieses Jahres abgeschlossen sein wird. Hinzuweisen ist auf folgende vorgesehene Änderungen, die bereits für aktuelle Investitionsentscheidungen von Bedeutung sind:

  • Für Anschaffung/Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern bis zum 31.12.2022 war steuerlich anstatt der linearen AfA auch die degressive AfA mit dem 2,5-fachen des linearen AfA-Satzes, maximal 25 % möglich. Vorgesehen ist nun, dass befristet für Anschaffungen/Herstellungen nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 die degressive AfA wieder eingeführt werden soll.
  • Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 6 % befristet auf sechs Jahre: Als konjunktur-, wirtschafts- oder wachstumspolitische Maßnahme zur Förderung des Wohnungsbaus und zur Unterstützung der Bauwirtschaft soll die Inanspruchnahme einer geometrisch-degressiven Abschreibung für Gebäude mit fallenden Jahresbeträgen befristet ermöglicht werden. Die neue degressive AfA kann nach einem unveränderlichen Prozentsatz i.H.v. 6 % vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden. Die neue degressive Abschreibung erfolgt im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig. Der Übergang von der degressiven zur linearen AfA ist zulässig, wobei die weitere AfA dann vom Restwert erfolgt.

Die degressive Gebäude-AfA soll ausschließlich für Gebäude gelten, die Wohnzwecken dienen, in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR belegen sind und mit deren Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird. Als Beginn der Herstellung bei Gebäuden gilt das Datum in der nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften einzureichenden Baubeginnsanzeige. Im Fall der Anschaffung ist die Inanspruchnahme der degressiven AfA nur dann möglich, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird und der Stpfl. das Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat.

Hinweis:

Der weitere Gang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten. Insoweit können sich noch Änderungen ergeben.


    Home-Office bei Grenzgängern und Sozialversicherung – Änderungen ab 1.7.2023

    Für Beschäftigte, deren Arbeitgeber sich in einem anderen Land befindet als ihr Wohnsitz, wird es einfacher. Diese können seit dem 1.7.2023 von erleichterten Bedingungen für das Home-Office profitieren, ohne dass sich an ihrer Sozialversicherungspflicht etwas ändert. Bislang galt, dass die Sozialversicherung des Wohnsitzlandes gegriffen hat, wenn der Beschäftigte dort mehr als 25 % der Arbeitszeit im Home-Office arbeitete. Durch ein neues Rahmenabkommen wurde diese Grenze nun dauerhaft auf 50 % erhöht. Auf Antrag hin kann also auch bei Home-Office von bis zu 50 % weiter die Sozialversicherung des Staats des Arbeitgebers greifen. Die Regelung knüpft an eine Sonderregelung der Corona-Pandemie an.

    Für Zwecke der Sozialversicherungspflicht gilt im Grundsatz:

    • Grenzüberschreitende Tätigkeiten in Telearbeit unterliegen grundsätzlich der Sozialversicherung des Mitgliedstaates der EU, an dem sich die Person und der Laptop befinden.
    • Ausnahmen bestehen für sog. Entsendungen (inkl. „workation“) und die regelmäßige Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten.
    • Arbeitet ein Grenzgänger regelmäßig mehr als 25 % vom Wohnsitz aus (klassisches „Home-Office“), unterliegt die gesamte Tätigkeit grds. der Sozialversicherung des Wohnmitgliedstaats, bei weniger als 25 % „Home-Office“ der Sozialversicherung des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
    • Ab 1.7.2023 kann auf Grund einer Rahmenvereinbarung einiger Mitgliedstaaten der EU/EWR und der Schweiz auf Antrag auch bei Home-Office von Grenzgängern von bis zu unter 50 % das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, für anwendbar erklärt werden.

    Im Einzelnen ist hinsichtlich der Anwendung der ab dem 1.7.2023 geltenden Rahmenbedingungen zu beachten:

    • Mit „grenzüberschreitender Telearbeit“ ist eine Tätigkeit gemeint, die ortsunabhängig erbracht werden kann. Der Begriff der „Telearbeit“ stammt aus dem Arbeitsrecht (Arbeitsstättenverordnung). Damit werden Arbeitsformen bezeichnet, bei denen Beschäftigte jedenfalls einen Teil ihrer Arbeit mithilfe eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatzes außerhalb des Betriebes erbringen. Obwohl das Arbeiten per IT-Verbindung zwingende Voraussetzung ist, muss diese nicht dauerhaft während der gesamten Arbeitszeit bestehen. Es wäre beispielsweise auch zulässig, sich zu Arbeitsbeginn bestimmte Aufgaben herunterzuladen und diese offline zu erledigen.
    • Das Rahmenabkommen gilt daher nicht für Personen, die im Wohnsitzstaat gewöhnlich eine andere Tätigkeit als grenzüberschreitende Telearbeit ausüben (der Begriff „Home-Office“ geht somit weiter) und/oder gewöhnlich eine Tätigkeit außerhalb des Wohnsitzstaats bzw. des Staates, in dem der Arbeitgeber ansässig ist (z.B. in einer Niederlassung in einem anderen Staat), ausüben. Zudem gilt sie nicht für Personen, die selbständig sind. Auch Beamte bzw. Beschäftigte bei in Deutschland ansässigen öffentlichen Arbeitgebern sind vom multilateralen Rahmenübereinkommen nicht erfasst.
    • Der Anteil der einzelnen örtlichen Tätigkeiten ist nach den allg. sozialversicherungsrechtlichen Regeln zu bestimmen. Hinsichtlich der Berechnung des im Wohnstaat ausgeübten maximal möglichen Anteils der Beschäftigung von 49,99 % ist die voraussichtliche Sachlage in den folgenden zwölf Kalendermonaten zu berücksichtigen. Dabei sind planbare Zeiten wie Urlaub, an denen die Beschäftigung nicht ausgeübt wird, zu berücksichtigen (im Gegensatz zu ungeplanten Ausfallzeiten wie Krankheit).
    • Da es sich um einen Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung handelt, ist er in dem Staat zu stellen, dessen Sozialversicherungsrecht nach dem Rahmenübereinkommen gelten soll. Liegt der Arbeitgebersitz in Deutschland und soll unter den zuvor geschilderten Rahmenbedingungen deutsches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung kommen, ist der Antrag vom Arbeitgeber an den GKV-Spitzenverband DVKA elektronisch zu übermitteln.
    • Das Rahmenübereinkommen ist am 1.7.2023 in Kraft getreten. Ein Antrag zu seiner Inanspruchnahme kann auch rückwirkend ab dem 1.7.2023 gelten, sofern er bis zum 30.6.2024 gestellt wird und in diesem Zeitraum durchgängig in Deutschland Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Somit ist nach Inkrafttreten des Rahmenübereinkommens ein Jahr Zeit für die Antragstellung mit Gültigkeit ab 1.7.2023. Nach Ablauf des ersten Jahres kann ein Antrag nur noch für drei Monate rückwirkend gestellt werden, ebenfalls unter der Voraussetzung, dass in diesem Zeitraum durchgängig Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland entrichtet wurden.
    • Teilnehmende Staaten sind die meisten EU-/EWR-Staaten und auch die Schweiz. Dänemark nimmt an dieser Regelung nicht teil.
    • Wenn die Bedingungen des Rahmenübereinkommens nicht erfüllt sind, wird der Antrag im Rahmen eines regulären Antrags auf Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/04 auf Basis einer Ermessensentscheidung bearbeitet. Das Ergebnis hängt von der Prüfung und der Bewertung beider beteiligten Mitgliedstaaten ab.

    Handlungsempfehlung:

    Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist komplex und kann nur für den Einzelfall erfolgen. Insoweit ist rechtlicher Rat einzuholen. Auch ist zu beachten, dass sich diese Rahmenübereinkommen ausschließlich auf den Bereich der Sozialversicherung beziehen und steuerlich eine separate Beurteilung vorzunehmen ist.


    Vorsteuer aus Kosten für Betriebsveranstaltungen

    Lohnsteuerlich führen Betriebsveranstaltungen – unter bestimmten Bedingungen – für den Arbeitnehmer nicht zu lohnsteuerlichen Folgen, soweit die Kosten 110 € nicht übersteigen (Freibetrag). In Frage stand nun vor dem BFH, ob der die Betriebsveranstaltung ausrichtende Unternehmer aus den insoweit anfallenden Kosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Insoweit bestätigt der BFH mit Entscheidung vom 10.5.2023 (Az. V R 16/21), dass

    • ein Vorsteuerabzug im Grundsatz nur dann in Betracht kommt, wenn es sich um „Aufmerksamkeiten“ handelt. Andernfalls liege eine den Vorsteuerabzug ausschließende unentgeltliche Entnahme für den privaten Bedarf des Personals vor. Eine Abgrenzung hat insoweit anhand der lohnsteuerlichen Grenze von 110 € zu erfolgen, wobei dieser Betrag für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Freigrenze und nicht als Freibetrag zu verstehen ist. Übersteigen also die Kosten je Teilnehmer die Grenze von 110 €, so scheidet ein Vorsteuerabzug regelmäßig insgesamt aus.
    • Die Kosten des äußeren Rahmens einer Betriebsveranstaltung sind jedenfalls dann in die Berechnung der 110 €-Freigrenze für umsatzsteuerliche Zwecke einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

    Handlungsempfehlung:

    Die 110 €-Grenze ist also für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Freigrenze zu werten. Die Verbuchung solcher Aufwendungen ist daher in der Praxis sorgfältig zu prüfen.


    Grundsteuer: Aufkommensneutrale Festlegung der Hebesätze?

    Ab 2025 wird die Grundsteuer auf Basis der neu festgesetzten Grundsteuerwerte erhoben. Weitgehend abgeschlossen ist die Festsetzung der Grundsteuerwerte als Wertgrundlage. Die tatsächlich zu zahlende Grundsteuer bestimmt sich allerdings erst durch Anwendung des von der einzelnen Kommune festgesetzten Hebesatzes auf diesen Grundsteuerwert. Die Festlegung der ab 2025 geltenden Hebesätze muss noch erfolgen.

    Zunächst ist klar, dass sich die Höhe der Grundsteuer für den einzelnen Grundstückseigentümer gegenüber dem jetzigen Stand nach oben oder auch nach unten verändern kann. Dies kann durch die Wertentwicklung des konkreten Grundstücks, aber auch das Bewertungsverfahren bedingt sein. Unklar ist aber auch, ob möglicherweise Kommunen diese Situation nutzen, um die Einnahmen aus der Grundsteuer insgesamt zu steigern. Im Gesetzgebungsverfahren wurde immer die Aussage gemacht, dass die Hebesätze an die neuen Bewertungsgrundlagen so angepasst werden sollen, dass sich die Höhe der insgesamt von einer Kommune vereinnahmten Grundsteuer nicht ändert, die Reform also bezogen auf die einzelne Kommune aufkommensneutral ist. Im Rahmen der Initiative wollen mehrere Bundesländer erreichen, dass die Bürger für ihre Kommune erfahren, welcher Hebesatz zur Grundsteuer im Zuge der Grundsteuerreform zu einem aufkommensneutralen Ergebnis führen würde. Schleswig-Holstein plant ein Transparenzregister, aus dem hervorgehen soll, wie die Gemeinden ihre Hebesätze für das Jahr 2025 einstellen müssten, um Einnahmen in derselben Höhe wie vor der Reform zu erzielen. Auch Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg wollen insoweit vorgehen.

    Handlungsempfehlung:

    Die Auswirkungen der Grundsteuerreform für den einzelnen Grundstückseigentümer sind nach wie vor ungewiss. Wichtig ist, dass ergehende Grundsteuerwertbescheide auf deren Richtigkeit hin überprüft werden. Regelmäßig ist aus grds. Erwägungen vorsichtshalber Einspruch einzulegen. Sind bei der Feststellung der Grundsteuerwerte Fehler unterlaufen, weil z.B. die Wohnfläche falsch ermittelt wurde, so kann dies noch korrigiert werden, bevor die neuen Werte in 2025 zu Grunde gelegt werden.


    Steuerbegünstigung für ausländische Baudenkmäler?

    Aufwendungen an sowohl selbstgenutzten als auch vermieteten Baudenkmälern werden unter bestimmten Bedingungen steuerlich gefördert. Ob dies auch für Aufwendungen einer im Inland steuerpflichtigen Person an einer im Ausland belegenen Immobilie gilt, ist nicht abschließend geklärt. Der BFH hat jedenfalls mit Urteil vom 26.4.2023 (Az. X R 4/21) klargestellt, dass die Steuerbegünstigung für Baumaßnahmen an einem im EU-Ausland belegenen, aber auch zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands gehörenden Baudenkmal ausgeschlossen ist, wenn die Baumaßnahmen nicht vorher mit der für den Denkmalschutz zuständigen ausländischen Behörde abgestimmt worden sind.

    Dies vor dem Hintergrund, dass gesetzlich zwingend ist, dass die Baumaßnahme entsprechend der gesetzlichen Regelungen vor Beginn mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde abgestimmt bzw. von dieser genehmigt werden muss.

    Hinweis: In solchen Fällen ist also mindestens die Genehmigung der jeweiligen Denkmalschutzbehörde einzuholen. Ob dann eine Begünstigung von Objekten im Ausland erfolgen kann, muss noch abschließend geklärt werden


    Digitale Rentenübersicht seit 30.6.2023 verfügbar

    Die digitale Rentenübersicht ist seit dem 30.6.2023 verfügbar. Unter www.rentenuebersicht.de können nun alle Bürger eine Übersicht über ihre persönlichen Altersvorsorgeansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Alterssicherung online abrufen. Unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung Bund entwickelt die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) das Online-Portal. Eingebunden in die Umsetzung sind neben der Deutschen Rentenversicherung Bund das BMF, das Bundesarbeitsministerium (BMAS) sowie Vertretende der privaten und betrieblichen Alterssicherung und des Verbraucherschutzes.

    Die Digitale Rentenübersicht zeigt die Werte aus den Renten- und Standmitteilungen der Anbieter von Altersvorsorge-Produkten. Die Digitale Rentenübersicht bündelt diese Angaben digital an einem Ort.

    Hinweis: Die Nutzung des Online-Portals ist freiwillig und kostenfrei. Die Authentifizierung erfolgt mit dem elektronischen Personalausweis oder der eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der EU und des EWR. Für eine Zuordnung der eigenen Altersvorsorge-Ansprüche benötigen die Nutzenden zudem die steuerliche Identifikationsnummer


    Nicht fortlaufende Rechnungsnummern können im Einzelfall eine Schätzungsbefugnis begründen

    Mängel in den steuerlichen Aufzeichnungen führen in der Praxis nicht selten zu Hinzuschätzungen durch die Finanzbehörde. Der BFH bestätigt zwar regelmäßig, dass solche Gewinnhinzuschätzungen stets für den Einzelfall zu prüfen und sorgfältig zu begründen sind und einzelne Mängel in den Aufzeichnungen allgemein eine Hinzuschätzung noch nicht rechtfertigen. Das insoweit bestehende Streitpotenzial wird aber durch die erneute Beschäftigung des BFH mit einem solchen Fall unterstrichen.

    Im Streitfall betrieb der Stpfl. einen Hausmeisterservice und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung. Während einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt eine lückenhafte bzw. keine fortlaufende Nummerierung der Ausgangsrechnungen des Stpfl. fest. Im Rahmen einer Geldverkehrsrechnung stellte es zudem Fehlbeträge und ungeklärte Einlagen in erheblicher Höhe fest, so dass es eine Hinzuschätzung bei den Betriebseinnahmen vornahm. Bei der Höhe orientierte sich das Finanzamt an den jährlichen Fehlbeträgen der Geldverkehrsrechnung.

    Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach den Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes Rechnungen „eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer)“ enthalten müssen.

    Der BFH kommt in dem Beschluss vom 31.5.2023 (Az. X B 111/22) zu dem Ergebnis, dass die Frage der Hinzuschätzungsbefugnis von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Bereits im Beschluss v. 7.2.2017 (Az. X B 79/16) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass Lücken im Rechnungsnummernkreis im Einzelfall eine Hinzuschätzung begründen können. Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob allein der Umstand, dass ein Rechnungskreis Lücken aufweist, eine Schätzung notwendig macht. Es ist davon auszugehen, dass es nicht zwingend des Hinzutretens weiterer Umstände bedarf, wenn die Lückenhaftigkeit der Rechnungsnummern ausreichend Anlass für eine Hinzuschätzung bietet. Im Streitfall konnte diese Frage ungeklärt bleiben, da die Schätzungsbefugnis gerade nicht allein auf die Nummerierung der Rechnungen gestützt wurde, sondern ebenso auf das Ergebnis der Geldverkehrsrechnung und die ungeklärten hohen Einlagen aus dem Privatvermögen.

    Handlungsempfehlung:

    Dies unterstreicht erneut die Notwendigkeit, auf ordnungsgemäße Aufzeichnungen zu achten. Fortlaufende Rechnungsnummern sollten dringend eingehalten werden. Eventuelle Lücken in den Rechnungsnummern sollten dokumentiert werden.


    Kinderbetreuungskosten kann nur der Elternteil geltend machen, in dessen Haushalt das Kind lebt

    Abziehbare Sonderausgaben sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 € je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Stpfl. gehörenden Kindes, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Insoweit können z.B. Kosten für die Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte oder in der Schule steuerlich geltend gemacht werden.

    Der BFH bestätigt nun aber mit Urteil vom 11.5.2023 (Az. III R 9/22), dass die Kinderbetreuungskosten nur dann geltend gemacht werden können, wenn das Kind dem Haushalt des Stpfl. angehört. Hiervon abgrenzend steht bei getrennt lebenden Eltern der Sonderausgabenabzug dem Elternteil, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, nicht zu, auch wenn dieser die Betreuungskosten getragen hat. Bei diesem Elternteil seien die Betreuungskosten vielmehr durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf abgedeckt.

    Im Urteilsfall war der Stpfl. Vater einer im Jahr 2013 geborenen Tochter. Seit dem Jahr 2018 lebte er von der Mutter des Kindes dauernd getrennt. Im Streitjahr 2020 hatte die Tochter ihren ausschließlichen Wohnsitz bei der Mutter und gehörte nicht zum Haushalt des Stpfl. Er schuldete den Barunterhalt, während die Mutter für die Betreuung der Tochter verantwortlich war (sogenanntes Residenzmodell). Nach den Feststellungen des Finanzgerichts erstattete der „zivilrechtlich im Rahmen des Mehrbedarfs zur anteiligen Zahlung von Kindergartenbeiträgen und Hortgebühr verpflichtete Stpfl.“ der Mutter jeweils den halben Monatsbeitrag für den Besuch des Kindergartens insgesamt 250 € und für den Besuch des Schulhorts insgesamt 348 €. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Stpfl. die von ihm getragene Hälfte der Betreuungsaufwendungen als Sonderausgaben geltend. Den Sonderausgabenabzug lehnte das Finanzamt ab; zur Erläuterung führte es aus, die Tochter habe während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des Stpfl. gehört. Dies bestätigte nun der BFH.

    Handlungsempfehlung:

    Insoweit ist also ggf. ein Ausgleich der Eltern untereinander vorzunehmen.