Steuerblick November 2019
- Baukindergeld und Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen
- Finanzverwaltung zur Steuerbefreiung von Jobtickets usw.
- Anforderungen an einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks
Baukindergeld und Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen
Fraglich war, ob für Immobilien, die durch das Baukindergeld gefördert werden, unter den sonstigen Voraussetzungen auch die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Anspruch genommen werden kann. Die Zweifel bestanden, weil die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen laut Gesetz für „öffentlich geförderte Maßnahmen, für die also zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden“, ausgeschlossen ist.
Die Finanzverwaltung (Finanzministerium Schleswig-Holstein vom 18.6.2019, Aktenzeichen VI 3012-S 2296b-025) hat nun klargestellt, dass mit dem Baukindergeld ausschließlich der erstmalige Erwerb von Wohneigentum oder die Neuanschaffung von Wohnraum gefördert wird. Handwerkerleistungen sind hingegen nicht Inhalt der Förderung, die über zehn Jahre ausgezahlt wird. Im Unterschied zu anderen Förderprogrammen der KfW-Bankengruppe für investive Maßnahmen der Bestandssanierung schließt die Gewährung von Baukindergeld daher eine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht aus.
Hinweis:
Zu beachten ist allerdings, dass die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht für Leistungen im Zusammenhang mit einer Neubaumaßnahme in Anspruch genommen werden kann. Bei einem mit Baukindergeld geförderten Neubau kann die Steuerermäßigung daher nur für spätere Reparaturen usw. in Anspruch genommen werden.
Finanzverwaltung zur Steuerbefreiung von Jobtickets usw.
Seit dem 1.1.2019 gilt eine Steuerbefreiung für Arbeitgeberleistungen für bestimmte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (insbesondere Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr (insbesondere Jobtickets). Zu dieser Steuerbefreiung hat die Finanzverwaltung nun mit dem ausführlichen Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 15.8.2019 (Aktenzeichen IV C 5 – S 2342/19/10007 :001) Stellung genommen. Herauszustellen sind folgende Aspekte:
- a) Grundvoraussetzungen für die Steuerbefreiung
Begünstigt sind
- Arbeitgeberleistungen für Fahrten des Arbeitnehmers mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) – Personenfernverkehr – zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie zu einem Sammelpunkt oder einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (1. Alternative). Zum Personenfernverkehr gehören Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten sowie auch vergleichbare Fernzüge anderer Anbieter (z.B. TGV, Thalys).
- Arbeitgeberleistungen für alle Fahrten des Arbeitnehmers im öffentlichen Personennahverkehr (2. Alternative).
Nicht in den Anwendungsbereich fallende Verkehrsmittel sind insbesondere:
- für konkrete Anlässe speziell gemietete bzw. gecharterte Busse oder Bahnen,
- Taxen im Gelegenheitsverkehr, die nicht auf konzessionierten Linien oder Routen fahren,
- Luftverkehr
Hinweis:
Die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ist unabhängig von der Art der Fahrten begünstigt, also auch bei Privatfahrten des Arbeitnehmers. Damit ist – anders als im Personenfernverkehr – bei Fahrberechtigungen, die nur eine Nutzung des Personennahverkehrs ermöglichen, keine weitere Prüfung zur Art der Nutzung vorzunehmen.
Unter die Steuerbefreiung fallen Arbeitgeberleistungen in Form von
- unentgeltlich oder verbilligt überlassenen Fahrberechtigungen (Sachbezüge) sowie
- Zuschüsse (Barlohn) des Arbeitgebers zu den von den Arbeitnehmern selbst erworbenen Fahrberechtigungen.
Unschädlich ist, wenn die Fahrberechtigung die Mitnahme von anderen Personen umfasst oder die Fahrberechtigung auf andere Personen übertragbar ist.
Von zentraler Bedeutung ist, dass der Steuerbefreiung nur Arbeitgeberleistungen unterliegen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden:
- Dies ist der Fall, wenn die zweckbestimmte Leistung zum Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet. Als zusätzlich gilt eine Leistung des Arbeitgebers auch dann, wenn der Arbeitnehmer aus den vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Verfügung gestellten Mobilitätsalternativen wählen kann (z.B. Dienstwagen, E-Bike oder Fahrberechtigung für öffentliche Verkehrsmittel).
- Wird eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt (Gehaltsumwandlung), liegt keine zusätzliche Leistung vor. Eine mittels Gehaltsumwandlung oder Gehaltsverzicht erbrachte Arbeitgeberleistung fällt somit nicht unter die Steuerbefreiung.
- b) Besonderheiten bei Fahrberechtigungen für den Personenfernverkehr
Privatfahrten im Personenfernverkehr sind grundsätzlich nicht begünstigt. Als Besonderheit lässt die Finanzverwaltung aber folgende Vereinfachungen zu:
- Es ist insofern davon auszugehen, dass eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr nur auf Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, zu einem Sammelpunkt oder einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet entfällt und damit steuerbefreit ist, wenn sie lediglich zur Nutzung für diese Strecke berechtigt. Die tatsächliche Nutzung der Fahrberechtigung auch zu privaten Fahrten ist dann unbeachtlich.
- Geht die Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr über die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte usw. hinaus (Fahrberechtigung für ein bestimmtes Gebiet oder eine zusätzliche Strecke), ist davon auszugehen, dass die Fahrberechtigung insoweit auf Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte usw. entfällt, als der anzusetzende Wert der Arbeitgeberleistung den regulären Verkaufspreis einer Fahrberechtigung nur für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte usw. für den entsprechenden Gültigkeitszeitraum nicht überschreitet.
Wird die Fahrberechtigung für den Fernverkehr auch für Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten, die nach Reisekostengrundsätzen abgerechnet werden, oder für eine Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzt, kann der Arbeitgeber im Rahmen einer
Prognoseberechnung prüfen, ob die Fahrberechtigung bereits bei Hingabe insgesamt steuerfrei belassen werden kann. Insoweit ist die Prüfung nach Maßgabe der Finanzverwaltung wie folgt vorzunehmen:
- Prognostizierte Vollamortisation ohne Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte: Ergibt die Prognose zum Zeitpunkt der Hingabe der Fahrberechtigung, dass die Summe aus den ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die ohne Nutzung der Fahrberechtigung während deren Gültigkeitsdauer für die Fahrten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit oder eine Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen der doppelten Haushaltsführung anfallen würden, die Kosten der Fahrberechtigung erreichen oder übersteigen, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung an den Arbeitnehmer keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Auf die darüber hinausgehenden Nutzungsmöglichkeiten kommt es dann nicht mehr an.
- Prognostizierte Vollamortisation: Ergibt vorstehende Rechnung eine prognostizierte Vollamortisation unter Einbezug der Fahrten für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, ist die Arbeitgeberleistung insgesamt steuerfrei. Sie ist dann vorrangig steuerfrei nach Reisekostengrundsätzen in Höhe der prognostizierten ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die ohne Nutzung der Fahrberechtigung während deren Gültigkeitsdauer anfallen würden und im Übrigen nach der Steuerbefreiung für Jobtickets. Auf den Umfang der späteren tatsächlichen Nutzung und die darüber hinausgehenden privaten Nutzungsmöglichkeiten kommt es nicht an.
Hinweis:
In beiden vorgenannten Fällen gilt: Tritt die prognostizierte Vollamortisierung aus unvorhersehbaren Gründen (z.B. Krankheit oder Verschiebung von Dienstreisen) nicht ein, ist eine Nachversteuerung nicht vorzunehmen. Ändern sich die der Prognose zu Grunde liegenden Annahmen grundlegend (z.B. Wechsel vom Außendienst in den Innendienst), hat eine Korrektur und ggf. Nachversteuerung für den noch nicht abgelaufenen Gültigkeitszeitraum zu erfolgen.
Beispiel:
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer eine Bahncard 100 (2. Klasse), die er zum Preis von 4 400 € erworben hat. Nach der Prognose des Arbeitgebers betragen die ersparten Kosten der Einzelfahrscheie für Dienstreisen im Gültigkeitszeitraum 3 000 €. Der reguläre Preis der Jahresfahrkarte für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers hätte 1 600 € betragen. Tatsächlich ergeben sich im Laufe der Gültigkeitsdauer für Dienstreisen des Arbeitnehmers aus unvorhersehbaren Gründen nur ersparte Kosten der Einzelfahrscheine i.H.v. 2 500 €.
Lösung:
Nach der Prognose des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Hingabe der Fahrberechtigung übersteigen die ersparten Kosten für die Einzelfahrscheine, die ohne Nutzung der Bahncard 100 während deren Gültigkeitsdauer für die steuerlich begünstigten Reisetätigkeiten anfallen würden (3 000 €), zusammen mit dem regulären Verkaufspreis einer Fahrberechtigung für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (1 600 €) die Kosten der Bahncard 100. Die Bahncard 100 ist daher i.H.v. 3 000 € steuerfreier Reisekostenersatz und der verbleibende Betrag von 1 400 € (4 400 € – 3 000 €) ist eine steuerfreie Arbeitgeberleistung für ein Jobticket. Auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung sowie die private Nutzungsmöglichkeit kommt es nicht an. Dass die prognostizierte Vollamortisation tatsächlich nicht eingetreten ist, ist unerheblich und führt weder zu einer Nachversteuerung noch zu einer Änderung der steuerfreien Arbeitgeberleistungen für ein Jobticket.
- Prognostizierte Teilamortisation: Ergibt die Prognose zum Zeitpunkt der Hingabe der Fahrtberechtigung keine Deckung der Kosten für Reisetätigkeiten und für die Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die Arbeitgeberleistung kann allerdings insoweit steuerfrei belassen werden, als die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung für ein Jobticket vorliegen. Im Übrigen ist die Fahrberechtigung als geldwerter Vorteil dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.
Die während der Gültigkeitsdauer der Fahrberechtigung durch deren tatsächliche Nutzung für Fahrten für Reisetätigkeiten/Familienheimfahrten ersparten Fahrtkosten können dann zusätzlich monatsweise oder auch am Ende des Gültigkeitszeitraums als Korrekturbetrag den steuerpflichtigen Arbeitslohn mindern (mittels Verrechnung des dann feststehenden steuerfreien Reisekostenerstattungsanspruchs des Arbeitnehmers). Für die Höhe des Korrekturbetrags können aus Vereinfachungsgründen die ersparten Reisekosten, für die Einzelfahrscheine ohne Nutzung der Fahrberechtigung angefallen wären, begrenzt auf die Höhe der tatsächlichen Kosten der Fahrberechtigung, zu Grunde gelegt werden.
- Verzicht auf Amortisationsprognose: Führt der Arbeitgeber keine Amortisationsprognose durch, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die ohne Nutzung der Fahrberechtigung während der Gültigkeitsdauer für die steuerlich begünstigten Fahrten bei einer Auswärtstätigkeit oder Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung angefallen wären, und für den regulären Verkaufspreis einer Fahrberechtigung für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die für den entsprechenden Gültigkeitszeitraum entstanden wären, sind am Ende des Kalenderjahres der Gültigkeit der Fahrberechtigung als Korrekturbetrag beim steuerpflichtigen Arbeitslohn mindernd zu berücksichtigen.
- c) Steuerliche Folgen auf Seiten des Arbeitnehmers
Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen für ein Jobticket mindern beim Arbeitnehmer den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag. Der Minderungsbetrag entspricht dem Wert der überlassenen Fahrberechtigung oder dem geleisteten Zuschuss, der ohne die Steuerbefreiung als Arbeitslohn zu besteuern gewesen wäre. Aus Vereinfachungsgründen können als Wert der überlassenen Fahrberechtigung die Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer angesetzt werden.
Hinweis:
Erklärt ein Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, auf die Fahrberechtigung gänzlich zu verzichten (Fahrberechtigung wird nicht angenommen oder zurückgegeben), erfolgt keine Kürzung der Entfernungspauschale. Ein Nachweis des Nutzungsverzichts ist zum Lohnkonto aufzubewahren.
- d) Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzeichnen und in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung ausweisen muss. Dies erfordert eine entsprechend detaillierte Erfassung im Lohnabrechnungsprogramm.
Sorgfältig sind die erforderlichen Nachweise zu führen:
- Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den vom Arbeitnehmer selbst erworbenen Fahrberechtigungen, hat er als Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung die vom Arbeitnehmer erworbenen und genutzten Fahrausweise oder entsprechende Belege (z.B. Rechnungen über den Erwerb eines Fahrausweises oder eine Bestätigung des Verkehrsträgers über den Bezug eines Jobtickets) zum Lohnkonto aufzubewahren.
- Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Fahrberechtigung für den Personennahverkehr, hat er zum Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerbefreiung den Beleg für die erworbenen Fahrberechtigungen zum Lohnkonto aufzubewahren.
- Überlässt oder bezuschusst der Arbeitgeber eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr, die über die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte usw. hinausgeht oder auch zu Fahrten im Rahmen von Reisetätigkeiten/doppelter Haushaltsführung genutzt wird, hat er den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerfreiheit oder den entsprechenden Nachweis zu der von ihm durchgeführten Prognoseberechnung neben dem Beleg für die erworbene Fahrberechtigung ebenfalls zum Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzubewahren.
Anforderungen an einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks
Arbeitgeber bieten ihren Arbeitnehmern heutzutage viele Annehmlichkeiten am Arbeitsplatz zur Verbesserung der Arbeitsatmosphäre und letztlich mit dem Ziel, gute und produktive Arbeitnehmer zu gewinnen und zu halten. Hierzu gehören oftmals z.B. auch kostenlose Getränke, Obst oder auch Backwaren. In diesen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein lohnsteuerlicher Sachbezug für die Arbeitnehmer vorliegt.
Der Bundesfinanzhof hatte nun in diesem Zusammenhang über folgenden Fall zu entscheiden: Die Stpfl. erbringt EDV-Dienstleistungen und entwickelt Software. Daneben bietet sie Schulungen an. Die Stpfl. bestellte arbeitstäglich verschiedene Brötchensorten. Die Backwaren standen in der Kantine den gesamten Tag für Mitarbeiter sowie für Kunden und Gäste der Stpfl. zum unentgeltlichen Verzehr zur Verfügung. Einen Belag (wie z.B. Butter, Konfitüre, Käse oder Aufschnitt) für die Backwaren stellte die Stpfl. nicht bereit. Die Mitarbeiter, Kunden und Gäste der Stpfl. konnten sich zudem ganztägig unentgeltlich aus einem Heißgetränkeautomaten bedienen.
Die Arbeitszeit begann morgens um 8:00 Uhr. Zwischen ca. 9:30 Uhr und 11:00 Uhr hatten die Arbeitnehmer eine etwa halbstündige Pause, die die Stpfl. als bezahlte Arbeitszeit behandelte. Die Pause diente der Kommunikation und dem Austausch der einzelnen Abteilungen (Entwicklung, Vertrieb, Support). Die Mitarbeiter sollten miteinander ins Gespräch kommen, Kontakte pflegen und stellenübergreifende Problemlösungen finden. In dieser Zeit waren auch die Führungskräfte und der Vorstand der Stpfl. zeitweilig zugegen, um sich im Gespräch mit den Mitarbeitern über Probleme im Unternehmen auszutauschen. Während der Pausen wurde der Großteil der von der Stpfl. unentgeltlich zur Verfügung gestellten, unbelegten Backwaren verzehrt.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass es sich bei der unentgeltlichen Überlassung der Backwaren und der Möglichkeit, Heißgetränke zu sich zu nehmen, um ein Frühstück handele, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Die Stpfl. beantragte daraufhin die Pauschalierung der Lohnsteuer. In der Sache war sie allerdings der Meinung, die Backwaren ohne Belag und ein Heißgetränk seien kein Frühstück.
Der Bundesfinanzhof verneint mit Urteil vom 3.7.2019 (Aktenzeichen VI R 36/17) das Vorliegen von Arbeitslohn.
Im vorliegenden Fall handele es sich bei den unentgeltlich zugewandten Lebensmitteln nicht um Arbeitslohn in Form kostenloser Mahlzeiten, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten. Die kostenlose Überlassung der Backwaren und Heißgetränke stellte zwar für die Arbeitnehmer der Stpfl. einen Vorteil dar. Dieser war jedoch keine Gegenleistung der Stpfl. für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft. Hierfür spricht im Streitfall insbesondere, dass die Stpfl. die Backwaren und Heißgetränke nur zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitstellte. Sie wurden allen Arbeitnehmern ohne Unterschied gewährt. Der Verzehr fand in der Regel außerdem nicht während echter Pausen, sondern in der (bezahlten) Arbeitszeit statt. Die Arbeitnehmer sollten beim Verzehr der Backwaren und Heißgetränke in der Kantine zusammenkommen und sich über berufliche Angelegenheiten untereinander sowie mit der „Führungsetage“ austauschen. Bei dieser Sachlage war die Überlassung der Backwaren nebst Heißgetränk mit Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und zur Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen vergleichbar, denen keine Entlohnungsfunktion zukommt.
Weiter führt das Gericht aus, dass unbelegte Brötchen auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück im Sinne der Bestimmungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung sind. Selbst für ein einfaches Frühstücks müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Auch teilt das Gericht nicht die Auffassung des Finanzamts, auf Grund veränderter Essgewohnheiten könne schon ein Kaffee (to go) und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden.
Handlungsempfehlung:
Mit diesem Urteil wird die oftmals fast schrankenlose lohnsteuerliche Erfassung der Finanzverwaltung von Vorteilen durch Schaffung günstiger Arbeitsbedingungen eingegrenzt. Festzustellen ist allerdings auch, dass eine Abgrenzung zwischen nicht steuerbarer Aufmerksamkeit einerseits und Arbeitslohn andererseits stets für den Einzelfall sorgfältig zu prüfen ist. Hierzu ist insbesondere die Motivation des Arbeitgebers für die Stellung der Aufmerksamkeiten zu dokumentieren. Im Einzelfall kann eine Absicherung über eine Lohnsteueranrufungsauskunft sinnvoll sein.