Steuerblick Mai 2022

 

Umsatzsteuer auf private Nutzung von Elektrofahrzeugen und Elektrofahrrädern usw.

Wird ein betriebliches Fahrzeug auch für private Zwecke genutzt oder wird ein Firmenwagen einem Mitarbeiter auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt, so muss die unternehmensfremde (private) Nutzung des Fahrzeugs umsatzsteuerlich als unentgeltliche Wertabgabe erfasst werden. Dies ist ein Korrektiv dafür, dass der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung und den laufenden Kosten, wie Treibstoff und Wartung, vollständig geltend gemacht werden kann.

Bei der Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für diese unentgeltliche Wertabgabe kann – neben anderen Methoden zur Wertermittlung – von den für ertragsteuerliche Zwecke nach der sog. 1 %-Regelung ermittelten Beträgen ausgegangen werden. Für Zwecke der Einkommensteuer wird bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen bei einer Anschaffung nach dem 31.12.2018 unter bestimmten Voraussetzungen der Bruttolistenpreis gemindert, insbesondere nur zur Hälfte oder nur zu einem Viertel angesetzt. Es handelt sich hierbei um eine ertragsteuerliche Regelung zur Steigerung der Elektromobilität und zur Reduktion des CO2-Ausstoßes.

Das BMF stellt nun mit Schreiben v. 7.2.2022 (Az. III C 2 – S 7300/19/10004 :001) klar, dass auf Grund des grds. vollen Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuges eine Übernahme der ertragsteuerlichen Regelungen über die zulässige Pauschalierung nach der sog. 1 %-Regelung hinaus aus umsatzsteuerlicher Sicht zu einer Begünstigung des Unternehmers führen würde, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Sie ist daher nicht zu übernehmen.

Bei privater Nutzung eigenbetrieblicher Pkw durch den Unternehmer selbst ist noch ein Abschlag von 20 % für nicht vorsteuerbelastete Aufwendungen wie z.B. Versicherung und Steuern vorzunehmen. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe beträgt somit 80 % des Werts der 1 %-Methode. Bei der Gestellung an Arbeitnehmer erfolgt dieser Abschlag nicht, hier ist aus dem ermittelten Betrag nach 1 %-Methode (Bruttowert) aber die Umsatzsteuer noch herauszurechnen.

Hinweis:

Die Ermittlung muss in der Praxis fahrzeugbezogen unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse und des jeweiligen Fahrzeugtyps (Verbrennungsmotor, Hybridfahrzeug, reines Elektrofahrzeug) und unterschieden nach Lohnsteuer und Umsatzsteuer erfolgen.

Ferner weist die FinVerw darauf hin, dass auch die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zugeordneten Fahrrads als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist. Der Unternehmer kann die Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der unternehmensfremden Nutzung aus Vereinfachungsgründen hilfsweise nach der sog. 1 %-Regelung für Kraftfahrzeuge berechnen. Gleiches gilt bei der unentgeltlichen Überlassung eines Fahrrads an das Personal. Der Begriff Fahrrad umfasst dabei auch Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad (keine Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht) einzuordnen sind. Auch insoweit können also die abweichenden ertragsteuerlichen Grundsätze (vollständige Lohnsteuerfreiheit bzw. Verzicht auf eine Sachentnahme) bei der Umsatzsteuer nicht genutzt werden.


Umsatzsteuerliches One-Stop-Shop-Verfahren auch für an Privatkunden im EU-Ausland leistende Handwerker relevant

Am 1.7.2021 traten im Bereich der Umsatzsteuer neue Bestimmungen in Kraft, welche unter anderem für Online-Shop-Betreiber, die Waren an Endkunden in mehreren verschiedenen Mitgliedstaaten liefern, deutliche Vereinfachungen brachten. Dieses sog. One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) ist aber auch für an Privatkunden im EU-Ausland leistende Handwerker relevant.

Erbringt ein Handwerker an Privatkunden im EU-Ausland Leistungen, so unterliegen diese im jeweiligen EU-Ausland der Umsatzsteuer. Im Grundsatz muss sich der Handwerker dann in diesen EU-Ländern umsatzsteuerlich registrieren und dort die umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen. Dies ist vergleichsweise aufwendig. Wahlweise kann nun auch das sog. One-Stop-Shop (OSS) genutzt werden. Die anfallenden ausländischen Umsatzsteuern können beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über den zentralen OSS angemeldet und abgeführt werden. Das Bundeszentralamt für Steuern wird die gemeldeten Umsätze und auch die vereinnahmte Umsatzsteuer im Anschluss an die jeweiligen EU-Staaten verteilen.

Beispiel:

Dachdecker D aus Aachen hat auch Privatkunden im benachbarten Belgien und in den Niederlanden, bei denen er Dächer neu eindeckt und repariert. Erbringt er Handwerkerleistungen an diese Privatkunden in Belgien bzw. den Niederlanden, so schuldet er die darauf anfallende Umsatzsteuer in Belgien bzw. den Niederlanden. Dabei ist der Umsatzsteuersatz dieser Länder anzuwenden. D muss sich in beiden Ländern für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren und dort die jeweiligen umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen.

Alternativ kann D diese Umsatzsteuer nun auch zentral über das Bundeszentralamt für Steuern anmelden und an dieses entrichten.

Für das One-Stop-Shop gelten folgende wesentliche Regelungen:

  • Dieses Verfahren ist nicht verpflichtend, sondern die Umsatzsteuer kann auch wie bislang über das jeweilige EU-Land angemeldet und abgeführt werden. Das One-Stop-Shop über das Bundeszentralamt für Steuern ist aber im Grunde einfacher und kostengünstiger. Die Teilnahme am One-Stop-Shop gilt einheitlich für alle Mitgliedstaaten der EU.
  • Die Teilnahme an dieser Sonderregelung muss beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt werden. Mit diesem Antrag gilt die Teilnahme dann ab Beginn des folgenden Quartals. Wenn die Teilnahme also im April 2022 beantragt wird, gilt dies für Leistungen ab 1.7.2022. Die Leistungen bis Juni 2022 müssten noch über das klassische Verfahren erfolgen.
  • Im ersten Schritt muss eine Registrierung auf dem Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZStOnline-Portal) erfolgen.
  • Für die Sonderregelung registrierte Unternehmer können im BZStOnline-Portal ihre Registrierungsdaten ändern, ihre Steuererklärungen übermitteln sowie sich vom Verfahren abmelden.
  • Alle Formulare im Verfahren One-Stop-Shop sind auf Grund gesetzlicher Vorgaben an das Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu übermitteln. Die Steuererklärungen in diesem Verfahren sind jeweils für das Kalendervierteljahr abzugeben. Die Steuererklärung ist bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, elektronisch dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Die Steuererklärung ist somit zu übermitteln für das I. Kalendervierteljahr bis zum 30.4., das II. Kalendervierteljahr bis zum 31.7., usw. Auch wenn keine Umsätze im betreffenden Kalendervierteljahr ausgeführt wurden, ist eine Steuererklärung (sog. Nullmeldung) zu den angegebenen Terminen abzugeben.
  • Die im Verfahren One-Stop-Shop erklärten Steuerbeträge müssen so rechtzeitig überwiesen werden, dass die Zahlung bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, bei der zuständigen Bundeskasse eingegangen ist.

Hinweis:

Zu beachten ist, dass über dieses Verfahren keine Vorsteuern aus dem EU-Ausland geltend gemacht werden können. Der Unternehmer kann Vorsteuern, die ihm für Vorleistungen in EU-Mitgliedstaaten in Rechnung gestellt werden, in denen er ausschließlich unter die Sonderregelung fallende Umsätze erbracht hat, vielmehr nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge in Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen. Die Vorsteuervergütung ist in dem Mitgliedstaat geltend zu machen, in dem die Vorsteuerbeträge angefallen sind.


Veräußerungsgewinne aus Kryptowährungen steuerpflichtig

Das Finanzgericht Köln hat nun mit Urteil v. 25.11.2021 (Az. 14 K 1178/20) entschieden, dass Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts einkommensteuerpflichtig sind.

Im Urteilsfall verfügte der Stpfl. zu Beginn des Jahres 2017 über zuvor erworbene Bitcoins. Diese tauschte er im Januar 2017 zunächst in Ethereum-Einheiten und die Ethereum-Einheiten im Juni 2017 in Monero-Einheiten. Ende des Jahres 2017 tauschte er seine Monero-Einheiten teilweise wieder in Bitcoins und veräußerte diese noch im gleichen Jahr. Für die Abwicklung der Geschäfte hatte der Stpfl. über digitale Handelsplattformen entweder Kaufverträge mit Anbietern bestimmter Kryptowerte zu aktuellen Kursen oder Tauschverträge, bei denen er eigene Kryptowerte als Gegenleistung eingesetzt hat, geschlossen. Eine selbständige Begründung von Kryptowerten, das sog. „Mining“, erfolgte weder durch den Stpfl. allein noch unter seiner Beteiligung.

Der Stpfl. erklärte den aus der Veräußerung erzielten Gewinn von rund 3,4 Mio. € in seiner Einkommensteuererklärung 2017 als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und das Finanzamt setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß fest. Der Stpfl. legte daraufhin Einspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit bestehe und ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vorliege. Daher dürften diese Gewinne nicht besteuert werden. Im Übrigen fehle es bei Kryptowährungen an der erforderlichen Veräußerung eines „Wirtschaftsguts“.

Das Finanzgericht Köln folgte der Argumentation des Stpfl. nicht, sondern bestätigte die steuerliche Erfassung. Ein strukturelles Vollzugsdefizit liege nicht vor. Dieses werde insbesondere nicht durch die anonyme Veräußerung begründet. Auch weist das Gericht darauf hin, dass durchaus gewisse Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der steuerlichen Erfassung solcher Geschäfte für die Finanzbehörden bestehen. Mithilfe von Handelsplattformen, Suchmaschinen und sozialen Netzwerken können z.B. bestimmte Identifizierungen vorgenommen werden, so dass keine totale Anonymität besteht.

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts vor. Bei den Kryptowährungen handelt es sich um „andere Wirtschaftsgüter“ im Sinne der gesetzlichen Regelung. Kryptowerte vermitteln im Rechtsverkehr konkrete Möglichkeiten und Vorteile. Wenn für die Erlangung einer Gewinnchance Zahlungen geleistet werden, treten Gewinnaussichten als Wirtschaftsgut in Erscheinung.

Hinweis:

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts ist nun unter dem Az. IX R 3/22 die Revision vor dem BFH anhängig. In vergleichbaren Fällen dürfte es regelmäßig anzuraten sein, erzielte Gewinne in der Steuererklärung zu deklarieren und gegen den Einkommensteuerbescheid mit Verweis auf das anhängige Verfahren Einspruch einzulegen.


Landingpage von Bund und Ländern zur Grundsteuerreform

Die Finanzverwaltungen der Länder und des Bundes haben die Landingpage „grundsteuerreform.de“ eingerichtet. Auf dieser Internetseite sind Informationen für alle Bundesländer gebündelt verfügbar. Insbesondere kann von dieser zentralen Seite auf die Einzelinformationen der Bundesländer verzweigt werden.

Handlungsempfehlung:

Die Abgabe der notwendigen Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte – hierfür ist der Zeitraum vom 1.7.2022 bis 31.10.2022 vorgesehen – wird für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Bereits frühzeitig sollte die Erklärungsabgabe vorbereitet werden. Dabei ist vielfach ratsam, steuerlichen Rat einzuholen.


Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für einzeln veranlagte Ehegatten im Trennungsjahr

Der BFH hat mit Urteil v. 28.10.2021 (Az. III R 17/20) klargestellt, dass Stpfl., die als Ehegatten einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung zeitanteilig in Anspruch nehmen können, sofern sie die übrigen Voraussetzungen erfüllten, insbesondere nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person leben, für die kein Kinderfreibetrag gewährt wird. Streitig war, ob der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bereits im Trennungsjahr der Ehegatten zu berücksichtigen ist, wenn die Ehegatten einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Der Stpfl. ist Vater zweier Kinder, die im Streitjahr 2017 minderjährig waren. Die damalige Ehefrau des Stpfl. und Mutter der Kinder zog im April 2017 aus dem gemeinsamen Haushalt aus, der Stpfl. lebte danach allein mit seinen beiden Kindern. Der Stpfl. beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für 2017 die zeitanteilige Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende. Er wurde einzeln veranlagt. Den Anspruch bestätigte nun auch der BFH und verwarf damit die Ansicht der FinVerw.

Handlungsempfehlung:

Betroffene Stpfl. sollten ggf. prüfen, ob verfahrensrechtlich noch ein Entlastungsbetrag geltend gemacht werden kann.

Nach der Parallelentscheidung des BFH ebenfalls vom 28.10.2021 (Az. III R 57/20) gilt dies entsprechend auch für das Jahr der Eheschließung. Im Urteilsfall waren die Stpfl. seit Dezember 2015 miteinander verheiratet. Sie lebten seit diesem Tag zusammen. Der Stpfl. ist Vater eines im Streitjahr 2015 22-jährigen, studierenden Sohnes, mit dem er bis zur Eheschließung allein lebte. Die Stpfl. ist Mutter einer im Streitjahr 20-jährigen, gleichfalls studierenden Tochter und lebte mit dieser bis zur Heirat allein in einem eigenen Haushalt. Das Gericht bestätigt, dass den Stpfl. im Streitjahr für den Sohn des Stpfl. und die Tochter der Stpfl. jeweils der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zusteht und zwar im Streitfall für 2015 jeweils der ungekürzte Betrag, da die Voraussetzungen hierfür in jedem Kalendermonat (im Dezember zeitweise) vorgelegen haben.


Übertragung von Immobilien unter Nießbrauchsvorbehalt

Vielfach bietet es sich an, fremdvermietete Immobilien aus dem Vermögen der Eltern frühzeitig auf deren Kinder zu übertragen. Dabei wird dann regelmäßig zu Gunsten der Eltern ein Vorbehaltsnießbrauchsrecht bestellt. Dies hat vor allem folgende Gründe:

  • Damit behalten die Eltern die Einkommensquelle und damit einen Baustein der Altersversorgung.
  • Schenkungsteuerlich wird die Übertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt sehr vorteilhaft behandelt, da der Wert des Nießbrauchs mindernd berücksichtigt wird. Auch können durch die frühzeitige Übertragung die Freibeträge bei der Übertragung auf die Kinder genutzt werden, was alle zehn Jahre erneut erfolgen kann. Auch fallen zukünftige Wertsteigerungen unmittelbar bei den Kindern an und unterliegen damit nicht mehr der Erbschaft-/Schenkungsteuer.

Bei der Einkommensteuer führt die Übertragung der Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt grundsätzlich nicht zu einer Änderung der Besteuerungszuordnung. Entsprechend der wirtschaftlichen Wirkung sind die Mieteinnahmen und entsprechend auch die Werbungskosten weiterhin den Eltern zuzuordnen.

Besonderheiten sind nun zu beachten, wenn auf Seiten der Seniorgeneration Ehegatten vorzufinden sind. Die Eltern haben in der Regel den Wunsch, die Mieterträge so lange zu vereinnahmen, bis der Letzte von ihnen verstirbt. Auch wenn nur ein Elternteil/Ehegatte Eigentümer des Grundstücks ist, soll auch der andere Ehegatte nach seinem Tod durch Zufluss der Mieteinnahmen abgesichert werden. Insoweit ist nun aus steuerlicher Sicht Vorsicht geboten, weil ein nur einem Ehegatten gehörendes Mietobjekt ungewünschte Folgen auslösen kann, wenn der Vorbehalt des Nießbrauchs zu Gunsten beider Eheleute übertragen wird.

Zivilrechtlich kann das Nutzungsrecht des Nichteigentümer-Ehegatten auf unterschiedliche Weise ausgestaltet werden:

  • Entweder der Nichteigentümer-Ehegatte tritt erst aufschiebend bedingt auf den Tod des Eigentümer-Ehegatten in die Rechtsstellung des Verstorbenen ein oder
  • es wird von Anfang an ein Gesamtnießbrauch vorbehalten.

Schenkungsteuerlich sind die beiden vorgenannten Varianten unterschiedlich zu behandeln:

  • Beim Gesamtnießbrauch wird der Kapitalwert des Nießbrauchs mit dem höheren Vervielfältiger der beiden Ehegatten berechnet. Im Ergebnis ist also die Lebenserwartung des statistisch länger lebenden Ehegatten maßgebend. Die Vereinbarung eines Gesamtnießbrauchs bei vorherigem Alleineigentum eines Ehegatten kann anteilig eine (ggf. steuerpflichtige) Schenkung an den anderen Ehegatten auslösen, wobei insoweit vielfach die hohen persönlichen Freibeträge eine Steuerbelastung verhindern.
  • Vereinbaren die Ehegatten, dass der Nießbrauch aufschiebend bedingt auf den Tod des Eigentümer-Ehegatten eintritt, bestimmt sich die Bewertung des Nießbrauchs zunächst nach dem Lebensalter des Eigentümer-Ehegatten. Im Zeitpunkt des Todes des ersten Nießbrauchsberechtigten ist dann zwingend ein Antrag auf rückwirkende Änderung der festgesetzten Schenkungsteuer aus der ursprünglichen Übertragung zu stellen, damit der Nießbrauch des zweiten Ehegatten (mindernd) berücksichtigt werden kann.

Handlungsempfehlung:

Welche zivilrechtliche Gestaltung vorzuziehen ist, kann nur für den Einzelfall ermittelt werden. Insoweit ist dringend anzuraten, rechtlichen und steuerlichen Rat einzuholen, um sowohl eine wirtschaftlich sinnvolle und zivilrechtlich saubere als auch steuerlich optimale Lösung zu finden.


Einkommensteuerliche Berücksichtigung von Zahlungen zur Wiederauffüllung einer Rentenanwartschaft

Der BFH hatte über einen nicht selten vorkommenden Fall zu entscheiden: Im Urteilsfall erzielte der Stpfl. u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Rechtsanwalt. Von seinen beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg erworbenen Rentenanwartschaften übertrug das Familiengericht im Rahmen der Scheidung von seiner Ehefrau im Streitjahr 2014 im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht nach Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks.

Der Stpfl. nahm die ihm gemäß der Satzung des Versorgungswerks eingeräumte Möglichkeit wahr, seine durch den Versorgungsausgleich gekürzte Rentenanwartschaft durch eine ebenfalls in 2014 geleistete zusätzliche Zahlung i.H.v. 75 725,54 € um die Hälfte wieder aufzufüllen. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, während das Finanzamt ihn als Beitrag zur Altersvorsorge (Sonderausgaben) wertete. Da der gesetzliche Höchstbetrag bereits in erheblichem Umfang durch laufende Altersvorsorgeaufwendungen in Anspruch genommen wurde, berücksichtigte das Finanzamt den Auffüllungsbetrag lediglich im Umfang von 5 074 € bei den Sonderausgaben. Hiergegen wandte sich der Stpfl. und machte insbesondere geltend, dass dem Beitragsbegriff bei den Sonderausgaben nur Leistungen zur Erlangung des Versicherungsschutzes unterfielen. Hierzu zähle die Wiederauffüllungszahlung nicht. Mit ihr werde lediglich die Kürzung einer bereits erlangten Anwartschaft vermieden.

Der BFH bestätigte nun mit Entscheidung vom 19.8.2021 (Az. X R 4/19) die Auffassung des Finanzamts. Es handele sich zwar bei den Zahlungen ihrer Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten, diese fallen aber unter die Regelung zum Abzug von Beiträgen zur Altersvorsorge als Sonderausgaben, welche insoweit vorrangig ist. Daher greift auch die betragsmäßig beschränkte steuerliche Abzugsfähigkeit. Dies betrifft alle Leistungen auf eine Altersvorsorge zur Erlangung des Versicherungsschutzes bzw. alle auf Grund von Gesetz oder Vertrag vom Stpfl. erbrachten Geldleistungen zu den begünstigten Versicherungen und dabei sowohl laufende Beiträge als auch Einmalbeiträge.

Handlungsempfehlung:

Im Ergebnis können damit Beiträge, die der Ausgleichsverpflichtete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, um eine Minderung seiner eigenen Rentenansprüche durch das Rentensplitting zu vermeiden, lediglich im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge als Sonderausgaben abgezogen werden, was im Regelfall nur eine begrenzte Berücksichtigung erlaubt. Ggf. kann eine Verteilung der Zahlungen auf mehrere Jahre vorgenommen werden.

Hinweis:

Die lediglich begrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit kann zu einer grundsätzlich unzulässigen doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen führen. Diese kann nach der Rechtsprechung aber nicht bereits in der Beitrags- bzw. Ansparphase gerügt werden, sondern erst in den Veranlagungszeiträumen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden. Insofern müssen die geleisteten Beiträge und die steuerliche Berücksichtigung sorgfältig dokumentiert werden, um später in der Rentenphase ggf. eine unzulässige Doppelbesteuerung geltend zu machen.