Steuerblick Mai 2019

Steuerblick Mai 2019

  1. Aktuelle Hinweise zu Mini-Jobs und Midi-Jobs
  2. Abzinsung langfristiger Verbindlichkeiten: Zinssatz verfassungsgemäß?
  3. Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerb eines Grundstücks von Geschwistern
  4. Nachträgliche Korrektur (Bilanzberichtigung) auch bei Änderung der Rechtsprechung
  5. Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht bei Vermietung an nahe Angehörige

Aktuelle Hinweise zu Mini-Jobs und Midi-Jobs

a) Mini-Jobs

Als geringfügig beschäftigt gilt, wer nicht mehr als 450 € im Monat verdient. Seit dem 1.1.2019 gelten die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenverbände der Rentenversicherung. Umgesetzt werden damit nicht nur gesetzliche Änderungen, sondern auch die Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Wichtige Aspekte stellen wir im Folgenden dar:

  • Nach den gesetzlichen Vorgaben liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (a) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt oder (b) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres vertraglich oder nach ihrer Eigenart auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Bis 31.12.2018 galt ein Zeitraum von zwei Monaten bzw. 50 Arbeitstagen.
  • Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der 450 €-Grenze führt nicht automatisch zur Versicherungspflicht. Als gelegentlich ist ein Zeitraum von bis zu drei Monaten innerhalb eines Jahres anzusehen. Zwingend muss aber die jährliche Verdienstgrenze von 5 400 € (450 € x 12 Monate) eingehalten werden. Bei der Berechnung des Entgelts sind Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld mit einzurechnen.
  • Es gilt für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, die im gleichen Monat wieder endet, keine anteilige Geringfügigkeitsgrenze mehr. Damit spielt es keine Rolle, ob die 450 € für die Arbeit z.B. weniger Tage oder aber für einen ganzen Monat gezahlt werden.
  • Steuerfreie Aufwandsentschädigungen, wie z.B. Reisekostenerstattungen oder auch unter die 44 €-Freigrenze fallende Sachbezüge bleiben bei der Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts unberücksichtigt. Gleiches gilt für Vergütungen, die unter die Übungsleiterpauschale oder die Ehrenamtspauschale fallen.
  • Endet eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats und beginnt danach erneut eine geringfügig entlohnte Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber, erfolgt für diesen Kalendermonat keine Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte, so dass ein Überschreiten der 450 € -Grenze in diesem Kalendermonat unschädlich ist. Anders als bei diesem einmaligen Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses innerhalb eines Monats verhält es sich hingegen, wenn mehrere – für sich gesehen geringfügig entlohnte – Beschäftigungen (auch bei verschiedenen Arbeitgebern) aufeinander folgen, die jeweils in demselben Kalendermonat beginnen und enden. Überschreitet in diesen Fällen das Arbeitsentgelt aus den Beschäftigungen insgesamt die Entgeltgrenze von 450 €, ist die später aufgenommene Beschäftigung, die zu einem Überschreiten der Entgeltgrenze in der Zusammenrechnung führt, nicht geringfügig entlohnt. Gleiches gilt für die zuerst aufgenommene Beschäftigung, wenn bereits zu ihrem Beginn bekannt ist, dass in demselben Kalendermonat eine weitere befristete geringfügig entlohnte Beschäftigung folgen soll, durch die die Entgeltgrenze überschritten wird.

Bei Mini-Jobs entrichtet der Arbeitgeber Pauschalabgaben zur Sozialversicherung:

  • 13 % Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung,
  • 15 % Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung,
  • 0,90 % Umlage U1 (Ausgleich für Aufwendungen bei Krankheit),
  • 0,24 % Umlage U2 (Ausgleich für Aufwendungen bei Mutterschaft),
  • 0,06 % Insolvenzgeldumlage.

Im Falle der Zahlung von Pauschalbeiträgen oder Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung hat der Arbeitgeber im Übrigen die Möglichkeit, eine pauschale Besteuerung in Höhe von 2 % vorzunehmen.

  • Mini-Jobber sind arbeitsrechtlich in fast allen Bereichen den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gleichgestellt. Dies bedeutet u.a., dass im Krankheitsfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz besteht. Arbeitgeber, die die Umlagen U1 bzw. U2 zahlen, können die Erstattung ihrer Aufwendungen bei der Knappschaft-Bahn-See beantragen.
  • Die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien beinhalten konkretisierte Regelungen für die Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Mini-Jobs. Grundsätzlich gilt: Arbeitet der Mini-Jobber mindestens fünf Tage je Woche, gilt die Drei-Monats-Regelung, Arbeitet der Mini-Jobber unter fünf Tagen je Woche, sind 70 Arbeitstage maßgebend. Für die Ermittlung der Kalendertage gilt ab 1.1.2019 eine neue Berechnungsweise: Volle Kalendermonate werden mit 30 Kalendertagen, Teilmonate mit den tatsächlichen Kalendertagen berücksichtigt. Umfasst ein Zeitraum keinen Kalendermonat, aber einen Zeitmonat, ist dieser ebenfalls mit 30 Kalendertagen zu berücksichtigen.

Hinweis I:

Bei diesen Beschäftigungsverhältnissen spielt der Mindestlohn eine besondere Rolle. Die Grenze von 450 € je Monat führt dazu, dass bei Bezug des Mindestlohns von derzeit 9,19 € (ab 2020: 9,35 €) die Zahl der Arbeitsstunden auf 48,96 Stunden (2020: 48,12 Stunden) je Monat begrenzt ist. Insofern erfordert jede Anpassung des Mindestlohns die Überprüfung bestehender Arbeitsvereinbarungen.

Hinweis II: 

Bezieher einer Vollrente wegen Alters sind seit dem 1.1.2017 nach Ablauf des Kalendermonats, in dem sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, rentenversicherungsfrei, so dass sie bei Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegen und infolgedessen auch keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erfolgen kann. Gleiches gilt für Bezieher einer Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze, z.B. nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Diese Beschäftigten können allerdings durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit auf Grund des Renten- bzw. Versorgungsbezugs in der Rentenversicherung verzichten.

b) Midi-Jobs

Als Midi-Jobs werden solche Arbeitsverhältnisse bezeichnet, die in der sog. Gleitzone liegen, welche nach derzeitigem Recht zwischen 451 € und 850 € liegt. Diese Arbeitnehmer sind sozialversicherungspflichtig, die volle Beitragspflicht setzt aber erst bei Überschreiten des oberen Schwellenwertes von 850 € ein. Mit dem Ziel der Entlastung von Geringverdienern bei den Sozialabgaben wurde die bisherige Gleitzone zu einem sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich weiterentwickelt: Der „Übergangsbereich“ zwischen geringfügiger Beschäftigung und dem Einsetzen der vollen Beitragslast auf Arbeitnehmerseite erfasst ab dem 1.7.2019 monatliche Entgelte bis einschließlich 1 300 €. Weiterhin wird sichergestellt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. Übt der Arbeitnehmer mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen aus, gilt die Gleitzonen- bzw. Übergangsbereichsregelung nur, wenn die Summe aller Entgelte nicht über 850 € bzw. 1 300 € liegt.

Hinweis I:

Bestimmte Arbeitnehmer sind von der Anwendung der Gleitzone ausgenommen, z.B. Auszubildende und Praktikanten. Dies ändert sich auch ab dem 1.7.2019 nicht.

Nach aktuellem Recht erwirbt ein Beschäftigter in der Gleitzone auf Grund der reduzierten Beitragsbemessungsgrundlage auch nur reduzierte Rentenanwartschaften. Sollen volle Rentenanwartschaften erworben werden, so muss ein Verzicht auf die Anwendung der Gleitzonenregelung erklärt werden. Ab dem 1.7.2019 werden die Entgeltpunkte für Beitragszeiten aus einer Beschäftigung im Übergangsbereich generell aus dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt ermittelt. Die verminderte Beitragsbemessungsgrundlage ist dann für die Ermittlung der Entgeltpunkte in der Rentenversicherung unerheblich. Der bisher erforderliche Verzicht auf die Anwendung der Gleitzone, um Rentennachteile zu vermeiden, entfällt damit.

Hinweis II:

Die Neuregelung ab 1.7.2019 gilt für alle Versicherten und zwar auch für diejenigen Arbeitnehmer, die bisher eine Verzichtserklärung abgegeben haben. Diese Erklärungen sind ab Juli 2019 nicht mehr gültig. Insoweit müssen die Daten für die Lohnabrechnung überprüft und ggf. angepasst werden.


Abzinsung langfristiger Verbindlichkeiten: Zinssatz verfassungsgemäß?

In der steuerlichen Gewinnermittlung gilt – anders als in der Handelsbilanz – ein grundsätzliches Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten. Gesetzlich ist eine Abzinsung mit einem festen Zinssatz von 5,5 % vorgesehen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

Dieses Abzinsungsgebot führt dazu, dass im Jahr der Ersteinbuchung der Verbindlichkeit ein hoher Abzinsungsertrag entstehen kann, der zu versteuern ist. Erst in den Folgejahren gleicht sich dieser durch den Aufzinsungsaufwand wieder aus. Das Finanzgericht Hamburg äußerte nun mit Beschluss v. 31.1.2019 (Aktenzeichen 2 V 112/18) ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes für die Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten von 5,5 %. In einer anhaltenden Niedrigzinsphase habe dieser typisierende Zinssatz den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren.

Handlungsempfehlung:

Die Abzinsung sollte in der Praxis durch Vereinbarung einer zumindest sehr niedrigen Verzinsung vermieden werden. In Abwehrfällen kann auf den Beschluss des Finanzgerichts Bezug genommen werden.


Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerb eines Grundstücks von Geschwistern

Die Übertragung von Grundstücken unterliegt grundsätzlich der Grunderwerbsteuer, welche auf Grund der länderspezifischen Steuersätze von in der Regel 5 % bis 6,5 % eine hohe Belastung darstellen kann. Einzelne Übertragungsvorgänge sind ausdrücklich von der Grunderwerbsteuer befreit, so z.B. die Übertragung von Todes wegen oder die Schenkung unter Lebenden und die Übertragung auf Verwandte in gerader Linie, so z.B. von Eltern auf ihre Kinder.

Im Grundsatz nicht steuerbefreit ist die Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern. Insoweit hat nun der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 7.11.2018 (Aktenzeichen II R 38/15) eine interessante Entscheidung getroffen. Danach kann die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unter Geschwistern, die ein Elternteil in einem Schenkungsvertrag durch Auflage gegenüber dem beschenkten Kind angeordnet hat, auf Grund einer Zusammenschau grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften von der Grunderwerbsteuer befreit sein, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb im Grunde als abgekürzter Übertragungsweg darstellt. Die Steuerfreiheit des Grundstückserwerbs kann sich aus der mehrfachen Anwendung derselben grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift für die unterbliebenen Zwischenerwerbe ergeben.

Im Urteilsfall waren der Stpfl. und seine Schwester je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks 1, das ihnen ihre Mutter unter Vorbehalt eines Nießbrauchs übertragen hatte. Später übertrug die Mutter das Grundstück 2 auf die Schwester unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs. Im Übertragungsvertrag ordnete die Mutter als Auflage an, dass die Schwester verpflichtet ist, ihren hälftigen Anteil an dem Grundstück 1 (Miteigentumsanteil) auf den Stpfl. unentgeltlich unter Übernahme der im Grundbuch zugunsten der Mutter eingetragenen Nießbrauchsbelastung zu übertragen. Der Stpfl. muss sich diesen Erwerb auf seinen Pflichtteilsanspruch bei dem Tod der Mutter anrechnen lassen. Die Schwester übertrug ihren hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück 1 auf den Stpfl. zur Erfüllung der Auflage. Strittig war nun, ob diese Übertragung Grunderwerbsteuer auslöst. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest. Dem widersprach das Finanzgericht im sich anschließenden Rechtsstreit, was nun auch der Bundesfinanzhof bestätigte.

Das Gericht stellt fest, dass die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unter Geschwistern, die ein Elternteil in einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag durch Auflage gegenüber dem beschenkten Kind angeordnet hat, auf Grund einer Zusammenschau grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften nach ihrem Sinn und Zweck von der Grunderwerbsteuer befreit sein kann. Vorliegend kam zwar keine Steuerbefreiung unmittelbar zur Anwendung. Insbesondere lag zwischen den Geschwistern keine Schenkung vor, da die Übertragung nicht freigebig, sondern auf Grund der Verpflichtung aus der Auflage des Elternteils erfolgte. Ebenso ist eine Übertragung zwischen Geschwistern im Grundsatz nicht steuerbefreit, da diese nicht in gerader Linie verwandt sind.

Jedoch kommt der Bundesfinanzhof auf Grund folgender Überlegung zu einer Befreiung von der Grunderwerbsteuer: Die von einem Elternteil durch Auflage in einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag angeordnete unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von dem mit der Auflage beschwerten Kind auf das erwerbende Kind stellt sich als abgekürzter Weg einer unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils von dem Elternteil auf das erwerbende Kind dar. Der erste unterbliebene Zwischenerwerb – die Übertragung des Grundstücks von dem mit der Auflage beschwerten Kind auf den Elternteil – wäre steuerfrei, da das Kind und der Elternteil in gerader Linie verwandt sind. Der zweite unterbliebene Zwischenerwerb – die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von dem Elternteil auf das erwerbende Kind – wäre wegen des Verwandtschaftsverhältnisses in gerader Linie ebenfalls befreit.

Handlungsempfehlung:

Im Grundsatz sollten in der Praxis nach Möglichkeit Übertragungswege gewählt werden, die unmittelbar von einer Steuerbefreiungsnorm erfasst werden. Das Urteil zeigt aber, dass auch „Umweggestaltungen“ letztlich in der Gesamtschau von der Grunderwerbsteuer befreit sein können.


Nachträgliche Korrektur (Bilanzberichtigung) auch bei Änderung der Rechtsprechung

Ist ein steuerlicher Bilanzansatz fehlerhaft, so muss dieser korrigiert werden. Dabei wird grundsätzlich bis zu dem Jahr zurückgegangen, welches verfahrensrechtlich noch änderbar ist. Nun ist abzugrenzen, wann ein Bilanzansatz „fehlerhaft“ ist. Bislang galt, dass ein Bilanzansatz dann richtig ist, wenn der vom Stpfl. aufgestellten Bilanz und deren einzelnen Ansätzen eine rechtliche Beurteilung zu Grunde liegt, die aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. Der Bundesfinanzhof hat aber bereits im Grundsatzbeschluss vom 31.1.2013 (GrS 1/10) in Änderung der bis dahin geltenden Sichtweise klargestellt, dass es ausschließlich auf die objektive Rechtslage zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ankommt. Die Bilanzansätze sind danach zu Gunsten wie zu Ungunsten des Stpfl. auf ihre objektive Richtigkeit nach der am Bilanzstichtag geltenden Rechtslage zu prüfen. Dies gilt auch für eine in diesem Zeitpunkt von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte, später aber geänderte Rechtsprechung. Auch in einem solchen Fall ist allein die im Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung maßgebliche, objektiv zutreffende Rechtslage zu Grunde zu legen. Eine Berichtigung ist also auch dann angezeigt, wenn die ursprüngliche Bilanzierung auf einer später geänderten Rechtsprechung beruhte. Diese Grundsätze hat nun das Finanzgericht München in dem Urteil vom 22.11.2018 (Aktenzeichen 10 K 650/17) nochmals herausgestellt und bestätigt.

Handlungsempfehlung:

Mithin ist bei Änderungen der Rechtsprechung zu Gunsten des Stpfl. stets auch zu prüfen, ob verfahrensrechtlich noch offene Jahre geändert werden können.


Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht bei Vermietung an nahe Angehörige

Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur vollständig abziehbar, wenn keine verbilligte Vermietung vorliegt. Bei der Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken sieht das Gesetz folgende Differenzierung vor:

  • Beträgt die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, so gilt die Vermietung als entgeltlich und die Werbungskosten können in vollem Umfang abgezogen werden.
  • Beträgt die Miete weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen mit der Folge, dass Werbungskosten nur anteilig (entsprechend der Entgeltlichkeitsquote) steuerlich geltend gemacht werden können.

Keine gesetzliche Vorgabe existiert bei der Überlassung z.B. für gewerbliche Zwecke. Auch in diesem Fall ist zu prüfen, ob eine teilentgeltliche Überlassung vorliegt. Das einheitliche Rechtsgeschäft ist dann für Zwecke der Besteuerung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. Von einer teilentgeltlichen Nutzungsüberlassung geht die Rechtsprechung erst aus, wenn die vereinbarte Gegenleistung mehr als ein Viertel unter der ortsüblichen Marktmiete (oder Marktpacht) liegt. Eine Abweichung von bis zu einem Viertel ist dagegen steuerlich unbeachtlich

In Fällen, in denen sich vor Ort auf Grund der Besonderheiten des betroffenen Objekts keine vergleichbaren Objekte finden lassen, war bisher offen, wie die ortsübliche Miete bzw. Pacht zu ermitteln ist. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 10.10.2018 (Aktenzeichen IX R 30/17) für Rechtsklarheit gesorgt.

Im Urteilsfall hatte die Stpfl. ein Grundstück mit historischem Gebäude umfangreich saniert und zum Betrieb einer Gaststätte u.a. an ihren Ehemann verpachtet. Das Finanzamt nahm nach Internet-Recherchen eine verbilligte Verpachtung an und kürzte die Werbungskosten entsprechend. Da sich auf Grund der Besonderheiten des Gebäudes keine vergleichbaren Objekte finden ließen, beauftragte das Finanzgericht einen Sachverständigen mit der Ermittlung der ortsüblichen Marktpacht. Dieser ermittelte einen für die Stpfl. nachteiligen Vergleichswert im Wesentlichen auf der Grundlage der an der Ertragskraft orientierten Pachtwertmethode (EOP-Methode). Diesen Bewertungsansatz verwarf der Bundesfinanzhof nun.

Die EOP-Methode stellt im Wesentlichen darauf ab, welche Pacht auf der Grundlage statistischer Annahmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vom Mieter oder Pächter im Durchschnitt erwirtschaftet werden kann und berücksichtigt nicht hinreichend die örtlichen Verhältnisse. Mit solchen Erwägungen könne der Markt aber allenfalls global abgebildet werden. Das Gesetz verlangt aber, auf den örtlichen Markt zu blicken. Diese Methode verlässt daher den rechtlichen Maßstab der Ortsüblichkeit und ist deshalb aus Rechtsgründen zu verwerfen. Der Bundesfinanzhof hat den Fall nun an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun die vereinbarte Pacht der ortsüblichen Marktpacht gegenüberstellen und Letztere von Amts wegen ermitteln. Dazu kann es ein Sachverständigengutachten einholen. Insoweit gibt es zwar keine rechtlichen Vorgaben, nach welcher Methode der Sachverständige vorgehen muss. Mit der EOP-Methode sei aber eine Grenze überschritten, da der Sachverständige damit letztlich etwas anderes ermittelt als die ortsübliche Marktmiete/-pacht.

Hinweis:

Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass für die erneut vorzunehmende Schätzung der ortsüblichen Marktpacht die Mitwirkung eines ortskundigen, erfahrenen Sachverständigen oder Maklers genügt. Kann sich das Finanzgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen nicht die für eine Schätzung erforderliche Überzeugung bilden, geht dies zu Lasten des Finanzamts, das die objektive Beweislast zu tragen hat.

Handlungsempfehlung:

In Fällen der Wohnraumvermietung sollte der Stpfl. tunlichst Beweisvorsorge treffen, um belegen zu können, dass die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Im Zweifel sollte die vereinbarte Miete nicht zu knapp an diese Grenze heran festgesetzt werden.