Inhalt
- Abgrenzung von Sachlohn nach der gesetzlichen Neuregelung – Gutscheinmodelle
- Werbungskostenabzug für Fahrtkosten bei Dienstreisen
Abgrenzung von Sachlohn nach der gesetzlichen Neuregelung – Gutscheinmodelle
Sachlohn ist durch die sog. 44 €-Freigrenze begünstigt und kann zudem, soweit nicht unter die Freigrenze fallend, vom Arbeitgeber pauschal versteuert werden. Hierdurch ergeben sich steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vorteile gegenüber Barlohn. Daher hat die Abgrenzung zwischen Sachlohn und Barlohn große Bedeutung. Dies gilt nicht zuletzt für Modelle zur lohnsteuerlichen Optimierung von Benefits an die Mitarbeiter. Insoweit hat die erstmalige gesetzliche Definition von Sachlohn zum 1.1.2020 zu Verunsicherung geführt. Betroffen waren insbesondere Gutscheinmodelle von Marketplace-Anbietern wie Amazon und Geldkarten. Die FinVerw nimmt nun mit dem Schreiben des BMF vom 13.4.2021 (Az. IV C 5 – S 2334/19/10007 :002) zu der gesetzlichen Neuregelung Stellung. Diese Stellungnahme der FinVerw hat für die lohnsteuerliche Praxis sehr große Bedeutung.
Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung ab 1.1.2022:
- Ab dem 1.1.2022 müssen Gutscheine und Geldkarten die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) zwingend erfüllen, um von den steuerlichen Begünstigungen zu profitieren. Hintergrund ist die gesetzliche Festschreibung des Begriffs des Sachbezugs:
- Einerseits wurde gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind.
- Andererseits gilt, dass bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) als Sachbezug eingestuft werden. Voraussetzung ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und zudem ab dem 1.1.2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen.
Hinweis:
Die 44 €-Freigrenze (ab dem 1.1.2022: 50 €-Freigrenze) ist bei Gutscheinen und Geldkarten nur dann anwendbar, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen.
- Die FinVerw hat in dem BMF-Schreiben ausführlich anhand von Positiv- und Negativ-Beispielen dargelegt, welche Gestaltungen aus ihrer Sicht die Anforderungen an eine Qualifizierung als Sachbezug erfüllen – und in welchen Fällen zukünftig von Barlohn auszugehen ist.
Als steuerlich begünstigter Sachbezug gelten | Als Barlohn, und damit als steuer- und sozialversicherungspflichtig, sieht die FinVerw insbesondere folgende Gestaltungen an |
Die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber. | Eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt. |
Die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, sofern die Beiträge nicht pauschal besteuert werden. | Eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen). |
Die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken). | Ab dem 1.1.2022 die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen Geldsurrogate, wie insbesondere die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. |
Gutscheine oder Geldkarten, die berechtigen, Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette zu beziehen. | Gutscheine oder Geldkarten, die nicht auf den Bezug von Waren oder Dienstleistungen eingeschränkt sind |
Gutscheine oder Geldkarten, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen auf Grund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Die FinVerw nimmt hierzu mit verschiedenen Beispielen zu der Frage Stellung, wann ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen vorliegt. | |
Gutscheine oder Geldkarten, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es hier nicht an. | |
Gutscheine oder Geldkarten in Form einer sogenannten Zweckkarte, dazu zählen beispielsweise Essenmarken, Essensgutscheine oder Gesundheitsmaßnahmen. |
Zu den steuerlich als Sachlohn eingestuften Gutscheinen werden von der FinVerw diverse Beispielsfälle genannt, die in der Praxis hilfreich für die Abgrenzung sind:
Als Sachlohn eingestufte Gutscheine | |
Gutscheine oder Geldkarten, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen auf Grund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. | |
Beispiele | |
wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel, | |
shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte, | |
Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle, | |
von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt (z.B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z.B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich, | |
ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z.B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z.B. Tankstelle oder Tankstellenkette) auf Grund des Akzeptanzvertrags (z.B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen, | |
Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z.B. Marketplace) einlösbar sind, | |
Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages, | |
City-Cards“, Stadtgutscheine | |
Gutscheine oder Geldkarten, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es hier nicht an. | |
Beispiele, Gutscheine oder Geldkarten begrenzt auf | |
den Personennah- und Fernverkehr (z.B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park & Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z.B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern), | |
Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“), | |
Fitnessleistungen (z.B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen), | |
Streamingdienste für Film und Musik, | |
Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads, | |
Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads, | |
die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten), | |
Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z.B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen) | |
Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, auf Grund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte); auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an. | |
Beispiele | |
Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken), | |
Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen | |
Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers) |
- Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Aussagen zum Eigengutschein des Arbeitgebers und zur Abgrenzung zum sogenannten Auslagenersatz. Dieser liegt nach Auffassung der FinVerw nicht vor, wenn die Waren oder Dienstleistungen für den privaten Gebrauch des Arbeitnehmers bestimmt sind. Eigengutscheine mit nachträglicher Kostenerstattung werden ebenfalls als Barlohn angesehen.
Hinweis:
Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z.B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Arbeitslohn des Arbeitnehmers.
Nichtbeanstandungsregel für Gutscheine und Geldkarten bis 31.12.2021:
- Hervorzuheben ist die sogenannte Nichtbeanstandungsregel für Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) nicht erfüllen. Dieser Übergangsregelung scheinen sich auch die Spitzenverbände der GKV für Zwecke der Sozialversicherung anzuschließen.
- Im Ergebnis wird daher weder im Rahmen von Sozialversicherungsprüfungen noch bei Lohnsteuer-Außenprüfungen die steuerfreie oder pauschal besteuerte Überlassung von Gutscheinen und Geldkarten in den Jahren 2020 und 2021 beanstandet werden. Die Nichtbeanstandungsregel gilt jedoch nicht für die gesetzliche Neuregelung im Ganzen. Einschränkungen hinsichtlich des Kostenersatzes sind nicht ausgenommen und werden anhand der neuen Gesetzeslage geprüft werden.
Handlungsempfehlung:
Das Schreiben der FinVerw schafft hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen und Geldkarten für die Jahre 2020 und 2021 Rechtssicherheit. Für Lohnzahlungszeiträume ab 1.1.2022 ist dagegen zwingend die gesetzliche Neuregelung zu beachten. Insoweit ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen:
Lohnzahlungszeiträume bis 31.12.2021 | Lohnzahlungszeiträume ab 1.1.2022 |
Arbeitgeber, die vorsorglich eine Versteuerung und Verbeitragung etwaiger Zuwendungen im Jahr 2020 vorgenommen haben, sollten Erstattungsmöglichkeiten hinsichtlich der abgeführten Steuer- und Sozialversicherungsbeträge prüfen. Zudem sollte die steuerliche Behandlung rückwirkend zum 1.1.2021 korrigiert werden. Arbeitgeber, die im Jahr 2020 an der bisherigen Behandlung bis zum 31.12.2022 festgehalten haben, haben nun Klarheit hinsichtlich etwaiger Haftungsfragen. | Arbeitgeber sollten dringend prüfen, inwieweit bisherige Gutschein-Modelle ab dem 1.1.2022 umzustellen sind. Vielfach wird die gesetzliche Neuregelung dazu führen, dass bekannte Modelle an Attraktivität verlieren und Haftungsrisiken drohen. Dies gilt es ggf. auch mit Arbeitnehmervertretungen zu diskutieren. Durch das BMF-Schreiben ist Handlungsbedarf auch im Hinblick auf Tax-Management-Systeme geboten. Gerade im Bereich der Kostenerstattung werden vielfach Prozesse anzupassen sein. |
Werbungskostenabzug für Fahrtkosten bei Dienstreisen
Bei Dienstreisen, also beruflich veranlassten Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie keine Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind, spielt der Ansatz von Fahrtkosten als Werbungskosten bzw. deren steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber eine große Rolle. Hinsichtlich der Höhe der anzusetzenden Fahrtkosten ist gesetzlich festgelegt, dass diese grds. in ihrer tatsächlichen Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG) festgesetzt sind. Insoweit ist entscheidend, dass das BRKG bei der Reisekostenvergütung zwischen der Gewährung von Fahrt- und Flugkostenerstattung unterscheidet zwischen
- der Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel gem. § 4 BRKG sowie
- der Benutzung von Kraftfahrzeugen oder anderen motorbetriebenen Fahrzeugen nach § 5 BRKG.
Bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel, wie Bahn oder S-Bahn können nur die tatsächlich entstandenen Kosten angesetzt werden. Nur im zweitgenannten Fall – insbesondere also bei Benutzung des eigenen Kfz – können Pauschalen (bei Benutzung des eigenen Kfz in Höhe von 0,30 € je gefahrenem km) angesetzt werden.
Diese Grundsätze hat nun der BFH mit Urteil vom 11.2.2021 (Az. VI R 50/18) bestätigt. Im Urteilsfall wurden Dienstreisen durchgeführt und hierfür Bahn bzw. S-Bahn genutzt. Die tatsächlich entstandenen Bahnfahrtkosten wurden vom Arbeitgeber erstattet. Als Werbungskosten wurden nun im Rahmen der Einkommensteuererklärung Fahrtkosten berechnet mittels der pauschalen Kilometersätze abzgl. der erstatteten Aufwendungen geltend gemacht. Dies lehnte das Finanzamt ab. Der BFH bestätigt die Vorgehensweise des Finanzamtes.
Handlungsempfehlung:
Bei Dienstreisen ist also stets aufzuzeichnen, welches Beförderungsmittel der Arbeitnehmer nutzt. Nur dann kann entschieden werden, welche Werbungskosten angesetzt bzw. welche Kosten vom Arbeitgeber lohnsteuerfrei erstattet werden können.