Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerb eines Grundstücks von Geschwistern
Die Übertragung von Grundstücken unterliegt grundsätzlich der Grunderwerbsteuer, welche auf Grund der länderspezifischen Steuersätze von in der Regel 5 % bis 6,5 % eine hohe Belastung darstellen kann. Einzelne Übertragungsvorgänge sind ausdrücklich von der Grunderwerbsteuer befreit, so z.B. die Übertragung von Todes wegen oder die Schenkung unter Lebenden und die Übertragung auf Verwandte in gerader Linie, so z.B. von Eltern auf ihre Kinder.
Im Grundsatz nicht steuerbefreit ist die Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern. Insoweit hat nun der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 7.11.2018 (Aktenzeichen II R 38/15) eine interessante Entscheidung getroffen. Danach kann die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unter Geschwistern, die ein Elternteil in einem Schenkungsvertrag durch Auflage gegenüber dem beschenkten Kind angeordnet hat, auf Grund einer Zusammenschau grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften von der Grunderwerbsteuer befreit sein, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb im Grunde als abgekürzter Übertragungsweg darstellt. Die Steuerfreiheit des Grundstückserwerbs kann sich aus der mehrfachen Anwendung derselben grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift für die unterbliebenen Zwischenerwerbe ergeben.
Im Urteilsfall waren der Stpfl. und seine Schwester je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks 1, das ihnen ihre Mutter unter Vorbehalt eines Nießbrauchs übertragen hatte. Später übertrug die Mutter das Grundstück 2 auf die Schwester unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs. Im Übertragungsvertrag ordnete die Mutter als Auflage an, dass die Schwester verpflichtet ist, ihren hälftigen Anteil an dem Grundstück 1 (Miteigentumsanteil) auf den Stpfl. unentgeltlich unter Übernahme der im Grundbuch zugunsten der Mutter eingetragenen Nießbrauchsbelastung zu übertragen. Der Stpfl. muss sich diesen Erwerb auf seinen Pflichtteilsanspruch bei dem Tod der Mutter anrechnen lassen. Die Schwester übertrug ihren hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück 1 auf den Stpfl. zur Erfüllung der Auflage. Strittig war nun, ob diese Übertragung Grunderwerbsteuer auslöst. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest. Dem widersprach das Finanzgericht im sich anschließenden Rechtsstreit, was nun auch der Bundesfinanzhof bestätigte.
Das Gericht stellt fest, dass die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unter Geschwistern, die ein Elternteil in einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag durch Auflage gegenüber dem beschenkten Kind angeordnet hat, auf Grund einer Zusammenschau grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften nach ihrem Sinn und Zweck von der Grunderwerbsteuer befreit sein kann. Vorliegend kam zwar keine Steuerbefreiung unmittelbar zur Anwendung. Insbesondere lag zwischen den Geschwistern keine Schenkung vor, da die Übertragung nicht freigebig, sondern auf Grund der Verpflichtung aus der Auflage des Elternteils erfolgte. Ebenso ist eine Übertragung zwischen Geschwistern im Grundsatz nicht steuerbefreit, da diese nicht in gerader Linie verwandt sind.
Jedoch kommt der Bundesfinanzhof auf Grund folgender Überlegung zu einer Befreiung von der Grunderwerbsteuer: Die von einem Elternteil durch Auflage in einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag angeordnete unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von dem mit der Auflage beschwerten Kind auf das erwerbende Kind stellt sich als abgekürzter Weg einer unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils von dem Elternteil auf das erwerbende Kind dar. Der erste unterbliebene Zwischenerwerb – die Übertragung des Grundstücks von dem mit der Auflage beschwerten Kind auf den Elternteil – wäre steuerfrei, da das Kind und der Elternteil in gerader Linie verwandt sind. Der zweite unterbliebene Zwischenerwerb – die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von dem Elternteil auf das erwerbende Kind – wäre wegen des Verwandtschaftsverhältnisses in gerader Linie ebenfalls befreit.
Handlungsempfehlung:
Im Grundsatz sollten in der Praxis nach Möglichkeit Übertragungswege gewählt werden, die unmittelbar von einer Steuerbefreiungsnorm erfasst werden. Das Urteil zeigt aber, dass auch „Umweggestaltungen“ letztlich in der Gesamtschau von der Grunderwerbsteuer befreit sein können.