Geänderte Rechtsprechung zur Bruchteilsgemeinschaft im Umsatzsteuerrecht


Geänderte Rechtsprechung zur Bruchteilsgemeinschaft im Umsatzsteuerrecht

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 22.11.2018 (Aktenzeichen V R 65/17) eine wichtige Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer Bruchteilsgemeinschaft getroffen. Und zwar hat das Gericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sein kann. Stattdessen erbringen die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu versteuernde Leistungen.

Im Streitfall hatte der Stpfl. zusammen mit weiteren Personen Systeme zur endoskopischen Gewebecharakterisierung entwickelt. Die Erfindungen lizensierten sie gemeinsam – aber nicht als Außen-GbR (s.u.) – an eine Kommanditgesellschaft, die ihnen für die Lizenzgewährung Gutschriften auf der Grundlage des Regelsteuersatzes von 19 % erteilte. Die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren versteuerte der Stpfl. demgegenüber nur nach dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Das für den Stpfl. zuständige Finanzamt erfuhr hiervon im Rahmen einer Kontrollmitteilung und erließ gegenüber dem Stpfl. geänderte Steuerbescheide. Hiergegen machte der Stpfl. u.a. geltend, dass nicht er, sondern eine zwischen ihm und den anderen Erfindern gebildete Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer und damit Steuerschuldner für die Lizenzgewährung gegenüber der Kommanditgesellschaft sei.

Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Wie die Vorinstanz sah das Gericht den Stpfl. als leistenden Unternehmer an, der die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren nach dem Regelsteuersatz zu versteuern habe. Anders als die Vorinstanz und entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung begründete das Gericht dies aber damit, dass eine Bruchteilsgemeinschaft umsatzsteuerrechtlich nicht Unternehmer sein könne.

Unternehmer ist nach allgemeinen Grundsätzen nur derjenige, der entgeltliche Leistungen erbringt. Die Person des Leistungserbringers richtet sich nach den der Leistung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnissen. Zivilrechtlich kann die nichtrechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft aber keine Verpflichtungen eingehen und damit umsatzsteuerrechtlich auch keine Leistungen erbringen. Es handelt sich vielmehr um anteilige Leistungen der einzelnen Gemeinschafter.

Im Übrigen schloss sich das Gericht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der technische Schutzrechte nicht urheberrechtlich geschützt sind. Mangels Urheberrechtsschutz kommt die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nicht in Betracht. Darüber hinaus bejahte der Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall eine Steuerhinterziehung durch den Stpfl., da dieser bei Abgabe von Voranmeldungen auf der Grundlage des ermäßigten Steuersatzes dem Finanzamt hätte mitteilen müssen, dass ihm gegenüber nach dem Regelsteuersatz abgerechnet wurde.

Hinweis:

Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z.B. auch für die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften von großer Bedeutung.

Abzuwarten bleibt die Reaktion der Finanzverwaltung. Es ist zu erwarten, dass diese eine zeitliche Anwendungsregelung der neuen Rechtsprechung ausspricht.

Anders ist diese Sichtweise aber dann, wenn durch gemeinsames Auftreten nach außen eine Außen-GbR begründet wird. Die (Außen-)GbR besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Daher ist die richtige zivilrechtliche Ausgestaltung bzw. Beurteilung des Sachverhalts entscheidend.