Bau-/Handwerkerleistungen vor dem Hintergrund des Auslaufens der Umsatzsteuerabsenkung zum 31.12.2020
Bei Privatpersonen stellt die Umsatzsteuer aus bezogenen Lieferungen und Leistungen eine endgültige Belastung dar. Gleiches gilt auch bei unternehmerisch tätigen Stpfl., die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wie bspw. Ärzte, Physiotherapeuten oder bei der Wohnungsvermietung. Daher sollte im Hinblick auf das Auslaufen der zeitlich befristeten Umsatzsteuerabsenkung zum 31.12.2020 geprüft werden, ob und wie die bis dahin noch geltenden abgesenkten Umsatzsteuersätze noch genutzt werden können. Herauszustellen sind an dieser Stelle vor allem bezogene Bauleistungen/Handwerkerleistungen, die oftmals ein großes Volumen erreichen. So wird z.B. aktuell auf eine Baumaßnahme über einen Nettowert von 20 000 € eine Umsatzsteuer von 3 200 € fällig; ab dem 1.1.2021 beträgt die Umsatzsteuer dann 3 800 €.
Hinsichtlich des anzuwendenden Umsatzsteuersatzes ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Bei einer Werklieferung und einer Werkleistung (z.B. Beratungsleistung, Handwerkerleistung, Dienstleistung) kommt es auf den Abschluss der Arbeiten und die Abnahme durch den Erwerber an. Dies gilt auch, wenn Leistungsbeginn für eine Werkleistung oder Dienstleistung bereits vor dem 1.7.2020 ist, die Leistung jedoch erst nach dem 30.6.2020 beendet bzw. abgenommen wird. Entsprechendes gilt dann in Bezug auf das Auslaufen der Steuersatzabsenkung zum 31.12.2020. Unmaßgeblich ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung, der Ausstellung der Rechnung und der Zahlung des Entgelts.
Handlungsempfehlung:
Der Abschluss der Leistung bzw. die Abnahme sollte z.B. in einem Abnahmeprotokoll dokumentiert werden.
Hinweis:
Wichtig für den Handwerker ist, dass dieser ausdrücklich einen Leistungspreis „zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer“ vereinbart, damit nicht die Gefahr eintritt, dass bei einer Verzögerung der Fertigstellung der dann wieder höhere Umsatzsteuersatz an den Kunden zivilrechtlich nicht weitergegeben werden kann.
Da zeitlich umfangreiche Bau-/Handwerkerleistungen oftmals bis zum 31.12.2020 nicht mehr abgeschlossen werden können, ist zu prüfen, ob Werklieferungen und Werkleistungen wirtschaftlich teilbar sind und in Teilleistungen erbracht werden können und damit zumindest ein Teil der Gesamtsumme noch den abgesenkten Umsatzsteuersätzen unterliegt.
Auf Teilleistungen, die vor dem 1.1.2021 erbracht werden, sind die bis zum 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % anzuwenden.
Vor dem 1.1.2021 erbrachte Teilleistungen liegen aber nur vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.
- Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, vor dem 1.1.2021 abgenommen worden sein; ist er Teil einer Werkleistung, muss er vor dem 1.1.2021 vollendet oder beendet worden sein.
- Vor dem 1.1.2021 muss vereinbart worden sein, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind. Sind für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, muss die vertragliche Vereinbarung vor dem 1.1.2021 entsprechend geändert werden.
- Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.
Die Abrechnung von Teilleistungen setzt stets voraus, dass die Gesamtleistung nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbar ist. Insoweit muss der Einzelfall betrachtet werden. Wichtige Fälle sind nach einer Zusammenstellung der FinVerw:
Art der Arbeit | Teilungsmaßstäbe |
Anschlüsse an Entwässerungs- und Versorgungsanlagen | Aufteilung erfolgt je Anlage |
Bodenbelagarbeiten | Aufteilung je Wohnung oder Geschoss |
Fliesen- und Plattenlegerarbeiten | Aufteilung nach Bädern oder Küchen ist im Regelfall zulässig. |
Gas-, Wasser- und Abwasserinstallation | Bei der Installation z.B. von Waschbecken, Badewannen und WC-Becken kann eine stückweise Aufteilung erfolgen. |
Glaserarbeiten | Aufteilung je nach Art der Arbeit im Regelfall stückweise zulässig. |
Heizungsanlagen | Bei selbständigen Etagenheizungen kann nach Wohnungen aufgeteilt werden. |
Maler- und Tapezierarbeiten | Die Aufteilung nach Wohnungen ist im Regelfall zulässig. Eine raumweise Aufteilung wird regelmäßig nicht anerkannt, wenn die Arbeiten untrennbar ineinanderfließen. |
Maurer- und Betonarbeiten | Bei Neubauten können Teilleistungen im Allgemeinen nur haus- oder blockweise bewirkt werden. Insbesondere bei herkömmlicher Bauweise und bei Skelettbauweise kann eine geschossweise Aufteilung grundsätzlich nicht zugelassen werden. |
Naturwerkstein- und Beton-Werksteinarbeiten | Bei Objekten, die miteinander nicht verbunden sind, kann eine stückweise Aufteilung vorgenommen werden. |
Putz- und Stuckarbeiten (innen) | Aufteilung nach Wohnungen oder Geschossen |
Schlosserarbeiten | Aufteilung je nach Art der Arbeit im Regelfall stückweise zulässig (z.B. je Balkongitter). |
Tischlerarbeiten | Aufteilung je nach Art der Arbeit im Regelfall stückweise zulässig (z.B. je Tür und Fenster). |
Hinweis:
Selbstverständlich sind im Hinblick auf die Abnahme von (Teil-)Leistungen nicht nur steuerliche Aspekte zu beachten. Soweit Mängel vorhanden sind oder kleinere Restarbeiten noch ausstehen, sollte dies in dem Abnahmeprotokoll unbedingt vermerkt werden.
Teilleistungen können auch bei Architekten- und Ingenieurverträgen beauftragt werden. Im Regelfall wird die Leistung eines Architekten bzw. Fachingenieurs für verschiedene Leistungsphasen des Bauvorhabens beauftragt (z.B. Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung). Werden mehrere Leistungsphasen der HOAI als einheitliche Leistung beauftragt, erfolgt die Abnahme der Architektenleistung erst mit der letzten Handlung des Architekten aus der letztbeauftragten Leistungsphase. Umsatzsteuerlich bedeutet dies, dass die Leistung des Architekten erst zu diesem Zeitpunkt erbracht ist und der in diesem Zeitpunkt geltende Umsatzsteuersatz für die Besteuerung der gesamten Architektenleistung maßgeblich ist. Möglich ist aber auch die separate Beauftragung der einzelnen Leistungsphasen. Dann liegen Teilleistungen im umsatzsteuerlichen Sinne vor, die mit dem Umsatzsteuersatz belastet werden, der bei Beendigung der einzelnen Teilleistung gültig ist.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass
– Handwerker bei der Erstellung von Angeboten bzw. Auftragsbestätigungen darauf achten sollten, dass die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer an den Kunden weiterberechnet werden kann und
– Handwerker und Kunden gemeinsam Möglichkeiten der Erbringung von Teilleistungen prüfen sollten, um von den noch abgesenkten Umsatzsteuersätzen profitieren zu können.