Anschaffungsnahe Aufwendungen: Unvermutet angefallene Kosten zur Wiederherstellung des zeitgemäßen Zustands eines Mietobjekts
Fallen bei einem Vermietungsobjekt in den ersten Jahren nach Erwerb Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen an, so ist die Grenze für den sog. anschaffungsnahen Aufwand zu beachten. Vereinfacht ausgedrückt sind Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen immer dann als Herstellungskosten einzustufen und können mithin nur über die Abschreibung (bei Wohngebäuden regelmäßig also über einen Zeitraum von 50 Jahren) zeitlich verteilt geltend gemacht werden, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes anfallen und ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Wird diese Wertgrenze nicht überschritten, können solche Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten vollumfänglich und sofort steuerlich als Erhaltungsaufwendungen geltend gemacht werden.
Hinweis:
In zeitlicher Hinsicht beginnt diese Frist mit dem Tag der Anschaffung des Gebäudes und endet drei Jahre später, ist also nicht an das Kalenderjahr gebunden. Die Berechnung erfolgt auf den Tag genau.
Der Bundesfinanzhof hatte in drei grundlegenden Urteilen v. 14.6.2016 (Aktenzeichen IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15) zur Abgrenzung des steuerlichen Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten eine weite Auslegung bestätigt. Auch Schönheitsreparaturen (z.B. Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, Streichen von Fußböden, Heizkörper, Innen- und Außentüren sowie Fenster) und Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft sowie Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung zählen zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Dies gilt selbst dann, wenn sie nicht in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen angefallen sind. Nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen, wie z.B. Heizungswartung, Aufzugswartung oder Ablesekosten.
Der Bundesfinanzhof stellt nun zur Abgrenzung anschaffungsnaher Herstellungskosten mit Urteil vom 13.3.2018 (Aktenzeichen IX R 41/17) weiter fest:
- Unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die lediglich dazu dienen, Schäden zu beseitigen, welche auf Grund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Nutzungsberechtigten entstanden sind, führen unter den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.
- Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer solchen Renovierung „verdeckte“, d.h. dem Stpfl. im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel, behoben werden.
Im Urteilsfall erwarben die Stpfl. in 2012 eine vermietete Eigentumswohnung (Kaufpreis 60 000 €; anteilige Anschaffungskosten für das Gebäude 40 316 €) und machten in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 Instandhaltungsaufwendungen i.H.v. insgesamt 12 406 € geltend, die anteilig auf die Erneuerung des Badezimmers (8 517 €), die Erneuerung der Elektroinstallation (2 000 €), den Einbau von Fenstern (1 275 €), den Austausch einer Scheibe (186 €) sowie auf verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien (428 €) entfielen.
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich die Kosten für verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien i.H.v. 428 € als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen; die übrigen Aufwendungen i.H.v. 11 978 € ordnete das Finanzamt den anschaffungsnahen Herstellungskosten zu und berücksichtigte diese lediglich im Rahmen der Abschreibungen.
Im Einspruchsverfahren trugen die Stpfl. vor, bei den durchgeführten Arbeiten habe es sich um Schönheitsreparaturen gehandelt. Überdies könne die Sonderregelung für anschaffungsnahe Aufwendungen im Streitfall nicht zur Anwendung kommen, da die langjährige Mieterin kurz nach Erwerb der Wohnung plötzlich verstorben sei und die Wohnung ohne Durchführung der Sanierungsmaßnahmen nicht erneut habe vermietet werden können. Das Badezimmer sei 40 Jahre alt und verwohnt, die Fenster lediglich einfach verglast, die Fensterrahmen defekt und die Fußböden schadhaft gewesen. Die Elektroinstallation habe nicht mehr dem aktuellen VDE-Standard entsprochen. Diese Situation sei für die Stpfl. nicht vorhersehbar gewesen. Der Einspruch der Stpfl. hatte keinen Erfolg.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Im Kern argumentiert das Gericht, dass im Regelfall von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden kann, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die gesetzliche Vorschrift eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Im Rahmen dieser Regelvermutung sind auch die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Gleiches gilt für Kosten zur Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte; auch solche Aufwendungen sind ihrer Natur nach verdeckte Mängel und mithin in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten mit einzubeziehen.
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof bestätigt also die restriktive Auslegung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten. In der Praxis sollte daher tunlichst vermieden werden, dass die 15 %-Schwelle in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb der Immobilie überschritten wird. Ggf. ist das zeitliche Aufschieben von Maßnahmen sinnvoll.