Abgeltung von Überstunden für Vorjahre kann begünstigt zu versteuern sein


Abgeltung von Überstunden für Vorjahre kann begünstigt zu versteuern sein

Sog. außerordentliche Einkünfte unterliegen bei der Einkommensteuer einer begünstigten Besteuerung. Obgleich die Besteuerung im Jahr des Zuflusses erfolgt, werden diese rein rechnerisch über fünf Jahre verteilt, so dass sich Progressionsvorteile ergeben. Zu solchen begünstigt besteuerten Einkünften zählen auch Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten.

Das Finanzgericht Münster hatte nun darüber zu entscheiden, ob die im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbarte Überstundenvergütung zu außerordentlichen Einkünften führte. Im Streitfall wurden mit Aufhebungsvertrag aus dem Jahr 2016 Überstunden der Jahre 2013 bis 2015 abgegolten. Das Finanzamt ging davon aus, dass Zahlungen des Arbeitgebers, die bereits erdiente Ansprüche abgelten, keine begünstigten Einkünfte darstellen. Hierzu stellt das Gericht mit Urteil vom 23.5.2019 (Aktenzeichen 3 K 1007/18 E) fest:

  • Überstundenvergütungen stellen Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten dar, wenn der Nachzahlungszeitraum sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und länger als zwölf Monate dauert.
  • Auch wenn Überstundenvergütungen anlässlich der Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, setzt die Einstufung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeit – anders als z.B. bei Abfindungen anlässlich der Aufhebung eines Arbeitsvertrags – nicht voraus, dass der Stpfl. infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten würde.

Zunächst stellt das Gericht heraus, dass auch Nachzahlungen tarifbegünstigt sein können. So z.B. Lohnnachzahlung für vorangegangene Jahre. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass auch bloße Nachzahlungen verdienter Vergütungen zu außerordentlichen Einkünften führen können, wenn der Nachzahlungszeitraum sich auf zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und länger als zwölf Monate gedauert hat. Der Umstand, dass sich die zugeflossene Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können, steht der Annahme einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht entgegen. Eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit liegt dagegen nicht vor, wenn lediglich die im Vorjahr verdienten Vergütungen nachgezahlt werden.

Weitere Voraussetzung für die begünstigte Besteuerung ist, dass wirtschaftlich vernünftige Gründe für die zusammengeballte Entlohnung vorliegen. Vorliegend hat der Arbeitnehmer die Vergütung mit seinem Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses vereinbart. Insofern ist ein wirtschaftlich vernünftiger Grund gegeben, da die Überstunden andernfalls ersatzlos verfallen wären. Anhaltspunkte für eine willkürliche, wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Zusammenballung allein aus steuerlichen Gründen sind nicht ersichtlich.

Handlungsempfehlung:

In einschlägigen Fällen ist anzuraten, in dem Aufhebungsvertrag ausreichend detailliert darzulegen, welche Leistungen mit der Abfindungszahlung abgegolten werden sollen.

Hinweis:

Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, so dass abzuwarten bleibt, ob das Finanzamt die Revision beim Bundesfinanzhof einlegt.