Steuerblick Oktober 2020

Steuerblick Oktober 2020

  1. Aufwendungen für ein Erststudium keine Werbungskosten
  2. Zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung: Anschrift des leistenden Unternehmers
  3. Einschränkung des Schuldzinsenabzugs
  4. Investitionsabzugsbetrag für betriebliche Pkw nur bei geringer Privatnutzung
  5. Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft
  6. Abzug von Schuldzinsen bei Herstellung und anschließender teilweiser Veräußerung eines Mehrfamilienhauses

 

Aufwendungen für ein Erststudium keine Werbungskosten

Der Bundesfinanzhof hat nun mit Entscheidung vom 12.2.2020 (Aktenzeichen VI R 17/20) als Folgeentscheidung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.11.2019 (Aktenzeichen 2 BvL 22-27/14) bestätigt, dass Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als Werbungskosten abziehbar sind, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Hinweis:

Dagegen können nach erfolgreicher Absolvierung einer Erstausbildung oder eines Erststudiums Kosten einer weiteren Ausbildung oder eines weiteren Studiums als vorweggenommene Werbungskosten im Zusammenhang mit der späteren Berufstätigkeit geltend gemacht werden und führen ggf. zu steuerlichen Verlustvorträgen, die dann später mit Einnahmen verrechnet werden können. So stellt der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums dar, so dass ein nachfolgender Studiengang wie z.B. ein Masterstudiengang als weiteres Studium anzusehen ist.

Der Gesetzgeber hat gesetzlich festgelegt, welche Anforderungen an eine vorangehende Erstausbildung zu stellen sind, damit die Aufwendungen für ein Studium oder eine Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses als Werbungskosten abzugsfähig sind. Die vorangehende Ausbildung muss geordnet sein, mindestens zwölf Monate dauern, in Vollzeit ausgeübt und grundsätzlich mit einer Abschlussprüfung beendet werden. Eine geordnete Ausbildung in diesem Sinne muss auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt werden. Nur wenn diese Vorschriften keine Abschlussprüfung vorsehen, genügt auch die sonstige planmäßige Beendigung.

Handlungsempfehlung:

Den studierenden Stpfl. bleibt für Aufwendungen eines Erststudiums regelmäßig nur der Sonderausgabenabzug, der allerdings meist ins Leere geht, weil der Studierende nicht über die Einkünfte verfügt, die für den Abzug solcher ausbildungsbezogener Sonderausgaben erforderlich sind. Als Ausweg kann zu prüfen sein, ob die Eltern ihren studierenden Kindern einen Teil ihrer Einkünfte überlassen. Dies erfordert eine zivilrechtlich anzuerkennende, ernsthaft durchgeführte Vereinbarung. Negative Auswirkungen bei den Eltern auf die familienbezogenen Ermäßigungen – also insbesondere Kindergeld und Kinderfreibeträge – hat dies nicht.

Daneben kann – je nach Möglichkeit des Studiengangs – anzustreben sein, Erstausbildungskosten im Rahmen von Ausbildungsdienstverhältnissen anfallen zu lassen (z.B. im Rahmen sog. dualer Ausbildungen), um Werbungskosten geltend machen zu können – und zwar anders als bei den Sonderausgaben nicht nur der Höhe nach unbegrenzt, sondern auch periodenübergreifend.


 

Zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung: Anschrift des leistenden Unternehmers

Eingangsrechnungen berechtigen nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn diese die gesetzlich geforderten Angaben enthalten. Danach muss eine Rechnung folgende Angaben enthalten – Vereinfachungen gelten insoweit bei Rechnungen über Kleinbeträge (bis 250,00 €):

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
  2. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
  3. das Ausstellungsdatum,
  4. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
  5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
  6. den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; bei Abschlagszahlungen den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
  7. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
  8. den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
  9. insbesondere bei Bauleistungen, die an Privatpersonen erbracht werden: einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers, und
  10. in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Angabe „Gutschrift“.

In der Praxis führen diese Rechnungsanforderungen immer wieder zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung und es droht eine Nichtanerkennung des Vorsteuerabzugs. Der Bundesfinanzhof hatte sich in mehreren Urteilen zur Frage der „Anschrift des leistenden Unternehmers“ geäußert und die Finanzverwaltung hat nun mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 13.7.2020 (Aktenzeichen III C 2 – S 7280-a/19/10001:001) diese Rechtsprechung allgemein anerkannt. Insoweit gelten folgende Grundsätze:

  • Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht voraus, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, aus, sofern der leistende Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.
  • Diese Aussage hat der Bundesfinanzhof dahingehend präzisiert, dass für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger.
  • Weiterhin hat der Bundesfinanzhof, entschieden, dass für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug eine Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer erforderlich ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die Steuerverwaltungen die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts kontrollieren können.

Handlungsempfehlung:

Insbesondere der Nachweis der postalischen Erreichbarkeit des Leistenden unter der angegebenen Adresse ist in der Praxis vielfach schwierig. Bei Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen sollten entsprechende Nachweise dokumentiert werden.


 

Einschränkung des Schuldzinsenabzugs

Schuldzinsen für betrieblich veranlasste Kredite mindern im Grundsatz als Betriebsausgaben den steuerlichen Gewinn. Der Schuldzinsenabzug ist steuerlich aber eingeschränkt, wenn Überentnahmen bestehen. Hiermit sollen Gestaltungen verhindert werden, bei denen einerseits die Liquidität aus betrieblichen Einnahmen mittels Entnahme zur Finanzierung privater Investitionen verwendet wird und andererseits Betriebsausgaben über einen Kredit finanziert werden und im Ergebnis damit die Fremdfinanzierung der privaten Investitionen in den steuerlich relevanten Bereich verlagert und die entsprechenden Zinsen steuerwirksam würden.

Eine Überentnahme liegt im Grundsatz dann vor, wenn jahresübergreifend die Entnahmen die Summe aus den Gewinnen und Einlagen übersteigen. Einschränkend hat die Rechtsprechung aber festgestellt, dass der Schuldzinsenabzug nur für den Fall steuerlich begrenzt werden soll, dass der Stpfl. mehr entnimmt, als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht. Dem widerspräche es, wenn Schuldzinsen allein deshalb unter dem Gesichtspunkt der „Überentnahme“ nicht abziehbar wären, weil der Stpfl. einen Verlust erwirtschaftet hat, insbesondere dann, wenn er niemals eine Entnahme getätigt hat. Der Schuldzinsenabzug ist also nur für den Fall einzuschränken, dass der Stpfl. mehr entnimmt, als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.

In der Praxis liegt eine besondere Problematik in der periodenübergreifenden Ermittlung etwaiger Überentnahmen. Und zwar sind vom Jahr 1999 (damals wurde diese Regelung eingeführt) bzw. frühestens von Betriebseröffnung an bis in das jeweilige Streitjahr periodenübergreifende Feststellungen zu treffen, um die Höhe der Über- bzw. Unterentnahmen des jeweiligen Streitjahres genau zu bestimmen.

Bislang ungeklärt war die Frage, mit welchem Wert diese periodenübergreifende Rechnung zum 1.1.1999 startet. Einerseits wurde vertreten, dass vorher angesammeltes Eigenkapital den Startpunkt bildet und damit für spätere Entnahmen zur Verfügung steht. Andererseits wurde vertreten, dass mit Beginn dieser Regelung zum 1.1.1999 mit einem fiktiven Wert von 0 € begonnen werden muss. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteilen vom 5.11.2019 (Aktenzeichen X R 40-41/18 und X R 42-43/18) entschieden, dass bei der Berechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen positives Eigenkapital, das aus vor dem 1.1.1999 endenden Wj. herrührt, unberücksichtigt bleibt. Die gesetzliche Anwendungsregelung gebiete es, im ersten nach dem 31.12.1998 endenden Wj. das maßgebliche Kapitalkonto mit „Null“ anzusetzen.

Handlungsempfehlung:

Die Entwicklung von Über- bzw. Unterentnahmen sollte der Stpfl. sorgfältig dokumentieren, da diese Fortschreibung in späteren Jahren relevant werden könnte, auch wenn diese Ermittlung z.B. mangels Schuldzinsen aktuell nicht erforderlich ist. So konnten im vom Finanzgericht entschiedenen Fall die Gewinne, Einlagen und Entnahmen der Jahre vor 2003 infolge des Ablaufs der Aufbewahrungsfristen nicht mehr ermittelt werden.

Weiterhin hat sich der Bundesfinanzhof in diesen Urteilen zu einer wichtigen Praxisfrage geäußert: Und zwar gilt das Abzugsverbot für Schuldzinsen grundsätzlich nicht für Schuldzinsen aus der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Allerdings ist diese Rückausnahme – wie das Gericht herausstellt – nur anwendbar, wenn die Kreditvaluta im Einzelfall konkret und nachvollziehbar für die Bezahlung der Investition verwendet werden. Auch wenn die betriebliche Tätigkeit (im Streitfall handelte es sich um ein gewerbliches Besitzunternehmen) ausschließlich in der Vermietung von Anlagevermögen bestehe, berechtige nicht zur Anwendung der Sonderregelung auf sämtliche Kreditaufnahmen schlechthin.

Handlungsempfehlung:

Bei der Kreditfinanzierung von Anlagevermögen ist also die Kreditverwendung anhand der Geldflüsse sorgfältig zu dokumentieren.


 

Investitionsabzugsbetrag für betriebliche Pkw nur bei geringer Privatnutzung

Ein Investitionsabzugsbetrag bzw. die Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe kann nur dann angesetzt werden, wenn das Wirtschaftsgut mindestens zu 90 % betrieblich genutzt wird. Problematisch ist die 90 %-Grenze insbesondere bei Betriebsfahrzeugen, die vom Unternehmer auch für Privatfahrten genutzt werden. In diesen Fällen muss die mindestens 90 %ige betriebliche Nutzung nachgewiesen werden. Der vom Stpfl. zu erbringende Nachweis ergibt sich für Pkw stets aus einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch. Allerdings wird die Form des Nachweises gesetzlich nicht festgelegt.

So stellt das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 18.2.2020 (Aktenzeichen 6 K 46/17 E, G) heraus, dass auch aus einem nicht ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch oder anderen Unterlagen sich die ausreichende eigenbetriebliche Nutzung ergeben kann, wenn sie hinreichend aussagefähig sind. Im Streitfall hatte das Gericht allerdings Bedenken gegen die Heranziehung eines nicht ordnungsmäßigen Fahrtenbuchs wegen der allzu großen Mängel.

Hinweis:

Diese Frage der Nachweisführung ist noch nicht abschließend geklärt. Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der fast ausschließlich betrieblichen Fahrzeugnutzung und die Bedeutung eines nicht ordnungsmäßigen Fahrtenbuchs sind bereits Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen VIII R 62/19, VIII R 24/19).

Daneben ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Regierungsenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 die Gewährung eines Investitionsabzugsbetrages bzw. von Sonderabschreibungen in zentralen Punkten neu geregelt werden soll. Der Investitionsabzugsbetrag soll bereits ab 2020 auf 50 % (derzeit: 40 %) der voraussichtlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten angehoben werden. Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG soll bei 20 % der Anschaffungs-/Herstellungskosten bleiben. Der Anwendungsbereich soll sowohl für Bilanzierer als auch für Einnahmen-Überschussrechnet einheitlich durch eine Gewinngrenze von 150 000 € bestimmt werden. Allerdings bleibt der weitere Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abzuwarten.


 

Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft

Bei Familienpersonengesellschaften werden Einlagen der Gesellschafter oftmals nicht entsprechend deren Beteiligungsquote an der Personengesellschaft, sondern vielfach nach deren Leistungsfähigkeit bemessen. Solche disquotalen Einlagen führen dann dazu, dass sich auch der Wert der Gesellschaftsanteile der anderen Gesellschafter erhöht. In diesen Fällen kann eine freigiebige Zuwendung des einlegenden Gesellschafters an die anderen Gesellschafter vorliegen, die der Schenkungsteuer unterliegt.

Dies bestätigt der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 5.2.2020 (Aktenzeichen II R 9/17). Im Urteilsfall waren Kommanditisten einer KG Eheleute und ihre drei Kinder. Gegenstand des Unternehmens ist die Bewirtschaftung, die Verwaltung und die Verwertung des eigenen Vermögens und desjenigen ihrer Gesellschafter. Der Ehemann leistete auf Grund einer Vereinbarung mit der KG eine freiwillige Zuzahlung in das Gesellschaftsvermögen, welche dem gesellschaftsbezogenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wurde. Laut der Vereinbarung sollte die Liquidität der KG dazu dienen, den anstehenden Erwerb eines Grundstücks zu finanzieren. Die Zuzahlung sollte zu keiner Änderung der Haftsumme und der Kapitalanteile der Kommanditisten führen. Das Finanzamt sah insoweit eine freigiebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter auf Grund der Wertsteigerung ihrer Anteile.

Der Bundesfinanzhof stellt aber auch heraus, dass bei einer disquotalen Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer KG nicht die KG als Gesamthand, sondern die Gesellschafter als Gesamthänder vermögensmäßig als bereichert anzusehen sind. Dies gilt auch dann, wenn zivilrechtlich das Einlageversprechen an die KG erfolgt. Diese Sichtweise ist bei der Prüfung einer eventuellen Belastung mit Schenkungsteuer von großer Bedeutung, da dann die umfangreichen Freibeträge des Schenkungsteuerrechts bei Übertragungen zwischen nahen Angehörigen genutzt werden können.

Handlungsempfehlung:

Soll ein Überspringen stiller Reserven vermieden werden, so ist die Einlage einem personifizierten Rücklagenkonto des einlegenden Gesellschafters gutzuschreiben. Im Übrigen ist bei allen disquotalen Einlagen in eine Personengesellschaft stets zu prüfen, ob dies auch schenkungsteuerliche Folgen nach sich zieht.


 

Abzug von Schuldzinsen bei Herstellung und anschließender teilweiser Veräußerung eines Mehrfamilienhauses

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.2.2020 (Aktenzeichen IX R 1/18) verdeutlicht die Grundsätze hinsichtlich der Zuordnung von Darlehenszinsen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im Urteilsfall hatten die Stpfl. ein Mehrfamilienhaus errichtet. Die Finanzierung erfolgte im Wesentlichen über zwei Darlehen und Eigenmittel. Die beiden Darlehen dienten ausdrücklich der Finanzierung des Gesamtbauvorhabens und sämtliche Baurechnungen wurden von einem Bankkonto beglichen.

Noch vor Fertigstellung erfolgte eine Aufteilung des Gesamtobjekts gemäß Wohnungseigentumsgesetz in drei separate Wohnungen (Untergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss). Die Wohnung im Dachgeschoss veräußerten die Stpfl. dann an ihre Tochter. Der insoweit erzielte Kaufpreis floss ebenfalls auf das Baukonto.

In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre rechneten die Stpfl. die aufgenommenen Darlehen insgesamt den beiden vermieteten Wohnungen zu und behandelten dementsprechend die hierfür entrichteten Zinsen in voller Höhe als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dem folgte das Finanzamt nicht. Dieses teilte vielmehr die Zinsaufwendungen auf die vorhandenen Wohnungen entsprechend den jeweiligen Miteigentumsanteilen auf und berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden nur die auf die beiden vermieteten Wohnungen entfallenden anteiligen Zinsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Dies bestätigte nun auch der Bundesfinanzhof und entschied:

  • Schuldzinsen sind insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang Maßgebend ist die tatsächliche Verwendung des Darlehens. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart kann grundsätzlich nicht durch einen bloßen Willensakt des Stpfl. begründet werden.
  • Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften (etwa aus Vermietung und Verpachtung), sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.
  • In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zuordnet, indem er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen
  • Demgegenüber hat die Rechtsprechung eine gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines später fremdvermieteten Teils abgelehnt, wenn der Stpfl. die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet hat, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten gesondert auszuweisen und zu bezahlen.
  • Diese zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind entsprechend anzuwenden auf die gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den (anteiligen) Herstellungskosten eines Gebäudes, das wie im Streitfall teilweise dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie teilweise dem Erzielen von sonstigen Einkünften (durch Veräußerung) dient.

Handlungsempfehlung:

Die Stpfl. hätten vorliegend also bei rechtzeitiger Planung ein günstigeres Ergebnis erzielen können, wenn die Aufwendungen für die drei Wohnungen von vorneherein getrennt worden wären und die eingesetzten Mittel (Darlehen und Eigenmittel) entsprechend zugeordnet worden wären. Dies hätte sinnvollerweise durch eine separate Rechnungstellung der Bauunternehmen und eine Abrechnung der einzelnen Wohnungen über getrennte Bankkonten geschehen müssen.