Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen – kein EU-Vorbehalt
Bereits im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber umfangreiche steuerliche Regelungen geschaffen, um Sanierungserträge steuerfrei zu stellen. Solche Sanierungserträge entstehen insbesondere dann, wenn im Rahmen einer Sanierung Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten, so dass beim zu sanierenden Unternehmen die entsprechenden Verbindlichkeiten ertragswirksam auszubuchen sind. Eine Besteuerung dieses Ertrags kann den Erfolg der Sanierung des Unternehmens gefährden. Diese gesetzliche Änderung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Finanzverwaltung auch bislang schon auf Grund des sog. Sanierungserlasses derartige Sanierungsgewinne – unter ähnlichen Voraussetzungen wie die jetzige Gesetzesfassung – steuerfrei gestellt hatte. Diese Steuerfreistellung allein auf Basis einer Verwaltungsauffassung verstieß allerdings gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, so dass der Bundesfinanzhof im Februar 2017 diese Praxis der Finanzverwaltung verworfen hatte.
Die in 2017 beschlossene gesetzliche Neuregelung steht allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Prüfung durch die EU-Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht. Für das Inkrafttreten ist nach der gesetzlichen Regelung ein Beschluss der EU-Kommission erforderlich, dass die Regelungen entweder keine oder mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellen. Diese Frage lag der EU-Kommission zur Prüfung vor. Nach einer Pressemitteilung hat die EU-Kommission dem Bundesfinanzministerium mitgeteilt, dass sie die deutsche Regelung zur Erleichterung von Sanierungsfällen nicht für eine europarechtswidrige Beihilfe hält. Bei der Äußerung der EU-Kommission gegenüber dem Bundesfinanzministerium handelt es sich allerdings nicht um einen Beschluss, sondern lediglich um einen sog. comfort letter, der in seiner Bindungswirkung einem Beschluss der EU-Kommission nachsteht. Insofern sind die gesetzlichen Anforderungen an das Inkrafttreten der Regelungen zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen nach wie vor nicht erfüllt. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber diese Frage in einem der aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren durch eine Gesetzesanpassung löst.
Handlungsempfehlung:
Im Grundsatz besteht zwar aktuell immer noch keine Rechtssicherheit hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Regelungen in Kraft treten. Da der Bundesfinanzhof nunmehr bereits mehrfach entschieden hat, dass der Sanierungserlass der Finanzverwaltung auch auf Altfälle nicht angewendet werden darf, bleibt abzuwarten, ob diese Frage durch den Gesetzgeber geregelt wird.
Hinweis:
Die neuen gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass ein Sanierungsertrag, also ein Gewinn aus einem Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung, unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei gestellt wird. Die Steuerbefreiung ist nicht antragsgebunden, sondern erfolgt – ohne Wahlrecht des Stpfl. – von Amts wegen. Die Steuerbefreiung soll nach den bisherigen Regelungen für Sanierungsmaßnahmen ab dem 8.2.2017 gelten. Voraussetzung der Steuerfreiheit ist – wie bislang auch – die Sanierungsbedürftigkeit sowie die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger. Diese Voraussetzungen werden regelmäßig durch den Sanierungsplan nachgewiesen. Wegen der Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe ist in der Praxis zu prüfen, ob hier eine Absicherung durch eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung erfolgen soll.
Im Gegenzug zur Steuerfreistellung der Sanierungserträge dürfen Betriebsausgaben, die mit einem steuerfreien Sanierungsertrag in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden. Dies betrifft z.B. Kosten für den Sanierungsplan und die Sanierungsberatung.
Zu beachten ist, dass die gesetzliche Regelung – anders als der frühere Sanierungserlass – die Steuerbefreiung an eine vorrangige Verlustverrechnung koppelt. Insoweit soll eine Doppelbegünstigung durch die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen und eine weitere Nutzung von Verlusten und Verlustvorträgen verhindert werden. Das Unternehmen hat daher im Zuge der Steuerfreistellung sämtliche Verlustpotenziale auszuschöpfen und muss im Sanierungs- wie auch im Folgejahr gewinnmindernde Wahlrechte zwingend ausüben. Der nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsertrag ist steuerfrei, mindert aber die laufenden Verluste und den Verlustvortrag nach einer bestimmten, vom Gesetz vorgegebenen Reihenfolge. Dies gilt sowohl für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als auch für die Gewerbesteuer.