STEUERBLICK SEPTEMBER 2017
- Rentenerhöhung zum 1.7.2017 kann zu Steuerklärungspflicht führen
- Erbschaft-/Schenkungsteuer: Freibetrag für Kinder bei der Pflege ihrer Eltern
- Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen nicht als Spenden abzugsfähig
- Einzelfälle zur Begrenzung des Abzugs der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers
- Lohnsteuerliche Behandlung des (Elektro-)Fahrrad-Leasings
- Personengesellschaft als umsatzsteuerliche Organgesellschaft
- Umsatzsteuerliche Behandlung von Jubilarfeiern
Rentenerhöhung zum 1.7.2017 kann zu Steuererklärungspflicht führen
Auch Rentner müssen eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag von derzeit 8 820 € bzw. bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten 17 640 € im Jahr übersteigt. In diesen Betrag fließen neben anderen Einkünften, z.B. aus einem Vermietungsobjekt, auch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Diese sind allerdings – je nach Renteneintrittsalter – nur zu einem Teil steuerpflichtig. Die Rentenerhöhung zum 1.7.2017 kann nun dazu führen, dass die genannten Schwellenwerte überschritten werden und dann in 2018 erstmals für 2017 eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist. Nach einer Prognose des Bundesfinanzministeriums werden auf Grund der Rentenerhöhung für das laufende Jahr rund 40 000 Rentenempfänger erstmals eine Steuererklärung abgeben müssen. Im Jahr 2018 sollen weitere rund 80 000 Rentenempfänger dazukommen.
Hinweis:
Eine Steuerpflicht ist auch dann zu prüfen, wenn in den Jahren zuvor eine Nichtveranlagungsbescheinigung durch das jeweils zuständige Finanzamt erteilt worden ist.
Handlungsempfehlung:
Im Einzelfall ist sorgfältig zu prüfen, ob eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung besteht. In diesem Rahmen können auch Abzugsbeträge, wie z.B. geleistete Spenden oder Ausgaben für Handwerkerleistungen, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Erbschaft-/Schenkungsteuer: Freibetrag für Kinder bei der Pflege ihrer Eltern
Hat ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten gepflegt, ist es berechtigt, nach dem Ableben des Elternteils im Rahmen der Veranlagung zur Erbschaftsteuer den sog. Pflegefreibetrag in Anspruch zu nehmen. Der anzusetzende Freibetrag hängt insbesondere von Art, Dauer und Umfang der erbrachten Hilfeleistungen ab. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 10.5.2017 (Aktenzeichen II R 37/15) entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass der Gewährung des Freibetrags die allgemeine Unterhaltspflicht zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, nicht entgegensteht.
Im Streitfall beerbte die Stpfl. als Miterbin ihre Mutter. Diese war ca. zehn Jahre vor ihrem Tod pflegebedürftig geworden (Pflegestufe III, monatliches Pflegegeld von bis zu 700 €). Die Stpfl. hatte ihre Mutter auf eigene Kosten gepflegt. Das Finanzamt gewährte den Pflegefreibetrag des Erbschaftsteuergesetzes in Höhe von 20 000 € nicht. Das Finanzgericht gab dagegen der Stpfl. Recht, was nun auch der Bundesfinanzhof bestätigte.
Der Begriff „Pflege“ ist grundsätzlich weit auszulegen und erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Es ist nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs und einer Pflegestufe zugeordnet war.
Demnach steht die gesetzliche Unterhaltspflicht der Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegen. Dies folgt nach Ansicht des Gerichts aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie der Historie der Vorschrift, ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person zu honorieren. Zudem wird der generellen Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen, die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen zu verbessern. Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie, insbesondere zwischen Kindern und Eltern erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu ins Leere.
Die Finanzverwaltung hat den Freibetrag bislang nicht gewährt, wenn der Erbe dem Erblasser gegenüber gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet war. Dem ist der Bundesfinanzhof entgegengetreten.
Hinweis:
Von besonderer Bedeutung war in dem entschiedenen Fall, dass der Erbe den Pflegefreibetrag nach dem Urteil des Gerichts auch dann in Anspruch nehmen konnte, wenn der Erblasser zwar pflegebedürftig, aber auf Grund des beträchtlichen eigenen Vermögens nicht hilfsbedürftig und damit nicht unterhaltsberechtigt war.
Handlungsempfehlung:
Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vergütungssätze von entsprechenden Berufsträgern können als Vergleichsgröße herangezogen werden. Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen kann der volle Freibetrag in Höhe von 20 000 € auch ohne Einzelnachweis zu gewähren sein.
Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen nicht als Spenden abzugsfähig
Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen sind nicht als Spenden abzugsfähig, wie der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 20.3.2017 (Aktenzeichen X R 55/14) entschied. Zwar sind Spenden an politische Parteien im Sinne des Parteiengesetzes bis zur Höhe von insgesamt 1 650 € und im Fall der Zusammenveranlagung bis zur Höhe von 3 300 € im Kalenderjahr abzugsfähig. Nehmen Wählervereinigungen aber nicht an den Bundestags- oder Landtagswahlen teil, sind sie keine Parteien im Sinne des Parteiengesetzes. Ein Spendenabzug ist damit ausgeschlossen.
Handlungsempfehlung:
Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen können allerdings – unter engen Grenzen – zu einer Steuerermäßigung führen. Die Ermäßigung beträgt 50 % der Ausgaben, höchstens 825 €, im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens 1 650 €.
Einzelfälle zur Begrenzung des Abzugs der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung sind im Grundsatz steuerlich nicht abzugsfähig. Von diesem Abzugsverbot gibt es zwei Ausnahmen:
- Das Abzugsverbot gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1 250 € pro Jahr begrenzt.
- Die Begrenzung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Zur Frage des Ansatzes bzw. der Ermittlung des Höchstbetrages hat der Bundesfinanzhof jüngst zwei wichtige Urteile gefällt.
a) Mehrere häusliche Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 9.5.2017 (Aktenzeichen VIII R 15/15) klargestellt, dass der Höchstbetrag von 1 250 € personenbezogen zu verstehen ist und nicht etwa bezogen auf das einzelne Arbeitszimmer. Dies hat zur Folge, dass auch dann, wenn der Stpfl. mehrere häusliche Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten nutzt, die abzugsfähigen Kosten insgesamt auf 1 250 € begrenzt sind.
Im Urteilsfall unterhielt der Stpfl. einen Wohnsitz in E und einen Wohnsitz in O. Er erzielte u.a. im Zusammenhang mit der Durchführung von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen für Steuerberater Einkünfte aus selbständiger Arbeit. In seiner Gewinnermittlung erfasste er Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in E in Höhe von 1 783,05 € und für ein Arbeitszimmer in O in Höhe von 791,28 € als Betriebsausgaben. Das Finanzamt setzte die Kosten für die beiden Arbeitszimmer insgesamt mit 1 250 € an, da der Höchstbetrag in Höhe von 1 250 € jedem Stpfl. für jeden Veranlagungszeitraum nur einmal zustehe und die Arbeitszimmer zudem nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildeten. Dies bestätigte der Bundesfinanzhof.
Hinweis:
Die Begrenzung durch den gesetzlichen Höchstbetrag gilt z.B. auch in dem Fall, wenn der Stpfl. in einem Jahr zwei Arbeitszimmer im gleichen Haushalt oder (z.B. durch einen Umzug veranlasst) zeitlich gestaffelt zwei Arbeitszimmer in zwei verschiedenen Haushalten nutzt.
b) Ein häusliches Arbeitszimmer für mehrere Einkunftsarten
Mit Urteil vom 25.4.2017 (Aktenzeichen VIII R 52/13) hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass der Höchstbetrag von 1 250 € bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen mehrerer Einkunftsarten nicht nach den zeitlichen Nutzungsanteilen in Teilhöchstbeträge aufzuteilen ist. Vielmehr kann der Höchstbetrag durch die dem Grunde nach abzugsfähigen Aufwendungen in voller Höhe ausgeschöpft werden.
Im Urteilsfall war der Stpfl. in Vollzeit nichtselbständig tätig und erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Schriftsteller. Insoweit stellt das Gericht heraus:
- Da der Stpfl. mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten ausgeübt hat, ist in Bezug auf jede dieser Tätigkeiten gesondert zu prüfen, ob ein „anderer Arbeitsplatz“ für diese im Sinne der gesetzlichen Regelung zur Verfügung steht. Vorliegend stand dem Stpfl. für die Erzielung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, nicht jedoch für die Erzielung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Nur für Letztere kann der Stpfl. Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer steuerlich abziehen.
- Die für das häusliche Arbeitszimmer getragenen Aufwendungen sind im zweiten Schritt entsprechend den tatsächlichen Nutzungsanteilen auf die verschiedenen Einnahmequellen und Einkünfte aufzuteilen, unabhängig davon, ob die Aufwendungen im Rahmen dieser Einkunftsart dem Grunde nach abzugsfähig sind.
- Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind zwar zeitanteilig aufzuteilen und den verschiedenen Einkunftsarten des Stpfl. zuzuordnen. Eine Aufteilung des Höchstbetrags in Höhe von 1 250 € unter Bildung von Teilhöchstbeträgen für die verschiedenen Einkunftsarten ist hingegen nicht vorzunehmen. Der Stpfl. kann die dem Grunde nach abzugsfähigen und auf verschiedene Einkunftsarten entfallenden Aufwendungen insgesamt bis zum Höchstbetrag von 1 250 € abziehen. Im Urteilsfall war dieser somit in voller Höhe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit abzugsfähig.
Hinweis:
Dieses Urteil verdeutlicht, dass hinsichtlich der abzugsfähigen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer jede einzelne Fallkonstellation sorgfältig zu überprüfen ist.
Lohnsteuerliche Behandlung des (Elektro-)Fahrrad-Leasings
In Unternehmen umgesetzte Mobilitätskonzepte sehen nicht selten vor, dass den Arbeitnehmern (Elektro-)Fahrräder insbesondere für die Wege zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte zur Verfügung gestellt werden. Vielfach handelt es sich nicht um eigene Fahrräder des Arbeitgebers, sondern um geleaste Fahrräder. Die Arbeitnehmer können diese regelmäßig auch für Privatfahrten nutzen. Mehrere Finanzbehörden der Länder haben zu den lohnsteuerlichen Konsequenzen in diesen Fällen Stellung genommen. So z.B. das Bayerische Landesamt für Steuern mit Erlass vom 22.5.2017 (Aktenzeichen S 2334.2.1-122/2 St 32) und die Oberfinanzdirektion NRW mit Kurzinformation vom 17.5.2017.
Im Grundsatz ist zu beachten, dass die Überlassung geleaster (Elektro-)Fahrräder durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung Arbeitslohn darstellt, der der Lohnsteuer unterliegt. Auch wenn ein Dritter dem Arbeitnehmer ein Fahrrad zur privaten Nutzung überlässt, ist ein geldwerter Vorteil (als Arbeitslohn von dritter Seite) hierfür zu ermitteln, wenn die Überlassung im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Dies ist in den verbreiteten Fahrrad-Leasingverhältnissen der Fall, da der Arbeitgeber aktiv an der Verschaffung durch die Leasingvereinbarungen (Rahmenvereinbarungen zwischen Leasinggesellschaft/Vermittler/Dienstleister und Arbeitgeber) mitwirkt.
In der Regel erfolgt die Überlassung auf Basis des Arbeitsvertrags oder einer anderen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlage (z.B. Betriebsvereinbarung). Dies ist der Fall, wenn die Überlassung arbeitsvertraglicher Vergütungsbestandteil ist (d.h. wenn die Vereinbarung von vornherein bei Abschluss eines Arbeitsvertrags getroffen wird oder wenn eine Beförderung mit der Überlassung verbunden ist) sowie bei steuerlich anzuerkennenden Gehaltsumwandlungen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer unter Änderung des Arbeitsvertrags auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn in Form eines Nutzungsrechts gewährt. Die 44 €-Freigrenze für Sachbezüge kommt nicht zur Anwendung.
Der geldwerte Vorteil wird bei der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern, die sich im Eigentum des Arbeitgebers befinden, wie folgt ermittelt:
- Fahrrad: Monatlich 1 % der unverbindlichen Preisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme einschl. Umsatzsteuer (damit sind sämtliche Fahrten abgegolten).
- Fahrrad, wenn die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur Angebotspalette des Arbeitgebers an fremde Dritte gehört (z.B. Fahrradverleihfirmen): 96 % des Endpreises, zu denen der Arbeitgeber seine Fahrräder an fremde Dritte überlässt abzgl. 1 080 €-Rabatt-Freibetrag.
- Elektrofahrrad, das verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen ist (u.a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht): Wie Nr. 1. bzw. Nr. 2.
- Elektrofahrrad, das verkehrsrechtlich als Kfz einzuordnen ist (z.B. > 25 km/h): Wie bei Kfz, d.h. mittels der Pauschalwert- oder Fahrtenbuchmethode; im Gegensatz zu Nr. 1 müssen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei doppelter Haushaltsführung zusätzlich angesetzt werden.
Hinweis:
In den Ausnahmefällen, in denen eine vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung vorliegt (keine Gehaltsumwandlung, kein arbeitsvertraglicher Vergütungsbestandteil) und der Arbeitnehmer sämtliche Kosten und Risiken aus der Überlassung tragen würde, liegt der geldwerte Vorteil in der Verschaffung verbilligter Leasingkonditionen. Die 44 €-Freigrenze ist dann anwendbar.
Personengesellschaft als umsatzsteuerliche Organgesellschaft
Mit Schreiben vom 26.5.2017 (Aktenzeichen III C 2 – S 7105/15/10002, DOK 2017/0439168) hat die Finanzverwaltung Konsequenzen aus der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft gezogen und praxisrelevante Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vorgenommen.
Die Finanzverwaltung erkennt organisatorisch und wirtschaftlich eingegliederte Personengesellschaften mit der Rechtsprechung als Organgesellschaften an, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist.
Die Anforderungen an die organisatorische Eingliederung sind präzisiert und der Rechtsprechung angepasst worden. Erforderlich ist, dass der Organträger seinen Willen in der Gesellschaft durchsetzen kann (es reicht nicht mehr aus, dass eine vom Organträger abweichende Willensbildung ausgeschlossen ist). Besteht keine Personenidentität der Geschäftsführung, erfordert die organisatorische Eingliederung wie bisher, dass der Organträger „durch schriftlich fixierte Vereinbarungen“ in der Lage ist, „gegenüber Dritten seine Entscheidungsbefugnis nachzuweisen“; es wird jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung klargestellt, dass entsprechende Vereinbarungen auch im Anstellungsvertrag getroffen werden können.
Insbesondere die Anerkennung der Personengesellschaft als Organgesellschaft kann in der Praxis weitreichende Auswirkungen haben. Hierzu folgende Beispiele:
Beispiel I:
Eine Produktions-GmbH & Co. KG hält sämtliche Anteile an einer Vertriebs-GmbH & Co. KG, deren Tätigkeit auf den Vertrieb der von der Produktions-GmbH & Co. KG hergestellten Produkte beschränkt ist. Es besteht Personalunion hinsichtlich der Geschäftsführung. Nach der neuen Sichtweise besteht zwischen beiden Unternehmen eine umsatzsteuerliche Organschaft insbesondere mit der Folge, dass die Warenbewegungen von der Produktions-GmbH & Co. KG an die Vertriebs-GmbH & Co. KG als nicht steuerbare Innenumsätze umsatzsteuerlich nicht zu erfassen sind.
Beispiel II:
An einer unternehmerisch tätigen GbR ist nur der Organträger neben einer GmbH beteiligt, deren Anteile und Stimmrechte sich zu mehr als 50 % in der Hand des Organträgers befinden.
Beispiel III:
Gesellschafter der GbR sind zwei Kapitalgesellschaften, an denen der Organträger jeweils mehrheitlich beteiligt ist.
Die finanzielle Beherrschung besteht auch bei der klassischen Einmann-GmbH & Co. KG, so dass eine Organschaft entsteht, wenn der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH und alleinige Kommanditist und Geschäftsführer unternehmerisch tätig und die KG wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist.
Beispiel IV:
Der Einmann-Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG vermietet dieser das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück.
Hinweis:
Wird eine Struktur auf Grund dieser neuen Sichtweise nun als umsatzsteuerliche Organschaft eingestuft, so gewährt die Finanzverwaltung Vertrauensschutz, weil die zwingende Ausdehnung der Organschaft auf Organpersonengesellschaften erst auf nach dem 31.12.2018 ausgeführte Umsätze anzuwenden ist.
Handlungsempfehlung:
Im Einzelfall kann die Herbeiführung oder Verhinderung der umsatzsteuerlichen Organschaft erstrebenswert sein. Eine unerwünschte Organschaft kann verhindert werden, etwa durch geringfügige Beteiligung einer nicht zum Organkreis gehörenden Person an der Personengesellschaft oder Beseitigung der organisatorischen Eingliederung z.B. durch Fremdgeschäftsführung. Ist die Organschaft erwünscht und waren die Voraussetzungen dafür schon bisher erfüllt, erkennt die Finanzverwaltung die rückwirkende Anwendung der neuen Grundsätze dann an, wenn sich die am Organkreis Beteiligten übereinstimmend darauf berufen und soweit sämtliche Steuerfestsetzungen noch änderbar sind.
Hinweis:
Es wird dringend empfohlen, steuerlichen Rat einholen, um zu prüfen, ob im Einzelfall die vorhandene Struktur tatsächlich betroffen ist und welche Auswirkungen sich ergeben.
Umsatzsteuerliche Behandlung von Jubilarfeiern
Das Bundesfinanzministerium hat in einem Schreiben an die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Feiern zur Ehrung eines einzelnen Jubilars Stellung genommen (zur lohnsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen siehe das Schreiben vom 14.10.2015).
Bei der Ehrung eines einzelnen Jubilars liegt keine Betriebsveranstaltung im lohnsteuerlichen Sinne vor. Die lohnsteuerliche Behandlung richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen. Damit kommt für lohnsteuerliche Zwecke insbesondere der 110 €-Freibetrag (brutto) nicht zur Anwendung.
Entsprechende Folgen sind bei der Umsatzsteuer zu ziehen:
- Sämtliche im Rahmen einer solchen Veranstaltung zugewendeten Leistungen sind grundsätzlich als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wenn diese Leistungen zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
- Eine Besteuerung scheidet jedoch aus, wenn der Leistungsbezug zuvor mit der Absicht erfolgt ist, diesen zu einem späteren Zeitpunkt unentgeltlich zuzuwenden. Denn in diesem Fall kann schon ein Vorsteuerabzug aus dem Leistungsbezug nicht geltend gemacht werden.
- Dies gilt jedoch nicht für die in diesem Zusammenhang zugewendeten Aufmerksamkeiten (z.B. Blumen, Genussmittel), sofern diese unterhalb der Grenze von 60 € (brutto) bleiben. Für diese Aufmerksamkeiten ist der Vorsteuerabzug entsprechend der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Arbeitgebers möglich, ohne dass sie die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe auslösen.
Hinweis:
Erfolgen im Betrieb Veranstaltungen, so ist stets sorgfältig zu prüfen, ob es sich um eine Betriebsveranstaltung im lohnsteuerlichen Sinne handelt, da davon nicht nur etwaige lohnsteuerliche, sondern auch umsatzsteuerliche Folgen abhängen.